Weiter geht es auf dem Wild Atlantic Way. Nachdem wir nie wissen, wo wir abends ankommen, wollen wir, sobald es geht, unsere Lebensmittelvorräte auffrischen. 

Die nächste Stadt, in die wir kommen, ist Bantry. Hier gibt es einen SuperValu mit fantastischem Angebot und wir müssen uns förmlich zwingen, nur das, was gerade gebraucht wird, zu kaufen.

Natürlich sollen es Lebensmittel sein, die von der Insel kommen und möglichst frisch sind. Wozu Äpfel aus Südafrika oder Frankreich kaufen, wenn es auch irische gibt, die noch dazu besser schmecken und preiswerter sind. Zum Glück gibt es genügend davon, nur leider immer noch zu viel in „Plastik“ verpackt. Erfreulich, dass sich langsam doch was ändert hinsichtlich Verpackungsmüll vermeiden. Wir sehen Nachfüllstationen für Getränke, Müsli und Waschmittel. Buy irish gilt für uns auch für Butter, Käse und Fleisch.   Apropos das Fleisch von hiesigen Hereford- und Angusrindern - bei Feinschmeckern hoch begehrt - gibt es zu Preisen, davon können wir auf dem Festland nur träumen. 

Auch in Irland ist es im Sommer 2022 wärmer als sonst, alle Sandstrände sind mehr als überfüllt und jede Bucht mit Zugang zum Meer wird für einen Sprung ins kühle Nass genutzt, wie oben im Bild bei Ballylickey.  Als wir an einem Wochenende am Ballyheigue Beach ankamen, waren alle Parkplätze belegt, Polizei und Feuerwehr versuchten den Verkehr flüssig zu halten und selbst außerorts am Straßenrand war jedes Fleckchen kilometerweit belegt.  Auch hier sind im August Sommerferien und wie bei uns in Bayern die Hölle los.   

Das ist einfach so, die „angesagten  Plätze“ sind auch in Irland ziemlich crowdy. Die Zeiten sind vorbei, als die geheimen Plätze von „Lonely Planet“ noch geheim waren. Zum Glück gibt es in Irland mindestens noch 1000 Plätze, die Instagram & Co. noch nicht entdeckt haben. In Adrigole bleiben wir zwei Tage und finden Platz auf einem kleinen Campground, der „Hungry Hill Lodge und Campsite". Als Jamie - ihr und ihrem Mann Daniel gehört der Platz - sieht, dass wir unsere Bikes dabei haben, fragt sie gleich, ob wir sie auch benutzen wollen. Was wir natürlich bejahen. Und sofort hat sie einen Tourentipp für uns parat. Jamie nimmt sich viel Zeit, stiefelt mit uns über den Platz, zeigt jeden verfügbaren und gibt uns das Gefühl hier gut aufgehoben zu sein.

Die Tour, so ungefähr im Kopf, fahren wir am nächsten Tag los, den Berg hoch, einen Bach entlang. Ich weiß, nach soundsoviel Kilometer müssen wir rechts abbiegen und über den Bach. Aber den Berg hoch die Kilometer richtig abzuschätzen, ist gar nicht so einfach, da fühlt sich schon ein Kilometer nach mehr an. Der Steg ist da, wir biegen ab und landen nach geschätzt einem Kilometer auf einem Bauernhof. Hier geht es nicht mehr weiter und der Farmer, den wir treffen, sagt: Im Prinzip alles richtig gemacht, nur müsst ihr beim nächsten Steg 500 Meter weiter oben abbiegen.  

Gesagt, getan. War es ein Umweg? Nein, denn dann hätten wir den Farmer nicht getroffen und ein Erlebnis weniger.

Einfach mal stehen zu bleiben und den Ausblick genießen lohnt sich immer und das nicht nur an einem Hinweis-Marker wie oben mit Blick auf die Küste von Dooneen. Und noch besser, das Fahrzeug so oft wie möglich stehen lassen und die Gegend zu Fuß erkunden. Den gesamten Wild Atlantic Way in vier Wochen Urlaub zu machen, kommt uns gar nicht in den Sinn. Wir würden viel sehen, aber nichts wahrnehmen.

Die ersten 14 Tage waren wir zu zweit unterwegs. Mein Sohn und ich. In zwei Tagen will der Rest der Familie - Frau und Tochter - auch dabei sein. Also auf nach Dublin in zwei Etappen. Am ersten Tag wollen wir ungefähr bis Limerick kommen und dabei möglichst viel von der Küste sehen, das braucht Zeit auf den kurvigen Straßen. Wir fahren vom County Kork durchs County Kerry und landen im County Limerick bei Askeaton und haben 265 Kilometer geschafft, das reicht für den Tag.

  

Bei Askeaton verlassen wir die N69 und biegen auf einen Farmerweg ab auf der Suche nach dem perfekten Park4Night Platz. Natürlich respektieren wir die Regeln und wollen auch nicht von einem wilden Angus-Bullen aufgespießt werden. Außerdem vor der Einfahrt zu diesem Farmland ist genug Platz für unseren T5. 

Es wäre ja auch gemein, wenn uns die Tiere zuschauen müssten, während wir Teile von ihnen grillen. Ein Farmer in einem Rangerover fährt vorbei mit einem freundlichen Nicken und wenig später, wir lassen uns gerade das Abendessen schmecken, stoppt eine ältere Dame und fragt: "Wollt ihr hier übernachten?" Wir: "Ja, ist doch ein guter Platz." Sie: "Kommt doch zu mir auf die Farm, das stört euch niemand und ihr könnt euch waschen oder duschen, wenn ihr wollt" - und erklärt uns, wie wir ihre Farm finden.

Das machen wir auch. Fahren, nachdem wir unsere Steaks verdrückt haben, zur Farm und erleben irische Gastfreundschaft und eine klare Vollmondnacht.

Um sechs Uhr morgens liegt noch alles im Nebel, der sich langsam lichtet. Nach einem ausgiebigen Frühstück verabschieden wir uns wie Freunde, die sich schon lange kennen.

Auf dem Weg zurück zur Hauptroute - bei strahlendem Sonnenschein - stehen neugierige Rinder Spalier. Den wilden Angus-Büffel entdecken wir nirgends. 

Von Rinas Farm quer durchs Land nehmen wir den direkten Weg nach Dublin. Es sind nur noch 222 Kilometer. Dublin here we come. 

Auf die Frage: Was muss man in Dublin gesehen haben? Gibt es einen ganzen Sack von Antworten wie: St. Patrick's Cathedral, Trinity College, Dublin Castle, EPIC The Irish Emigration Museum usw. Tatsächlich steht unangefochten auf Platz 1 (Kulturfans wird es grausen) das Guinness Storehouse. Also nichts wie hin. 

Das Storehouse wurde 1904 im Stil der Chigaco School of Architecture erbaut und wurde damals als Gärhaus genutzt. Heute ist es ein riesiger Multimedia-Showroom über die Kunst des Bierbrauens und die Geschichte von Guinness, verteilt auf sieben Stockwerke. Wir schrauben uns Stockwerk für Stockwerk hoch, bis wir oben in der Gravity Bar landen und mit einem frisch gezapften Guinness belohnt werden. Den Panoramablick auf Dublin gibt es gratis dazu.  

Dublin ist, das kann mal wohl sagen, heute die Boomtown Europas. Große Konzerne wie Apple und Facebook sind hier und spülen viel Geld in die Kasse des Staates. Auch wenn fast ein Drittel der Bevölkerung in Dublin und Umgebung hier leben, ist das Stadtzentrum überschaubar. Alles lässt sich leicht zu Fuß erreichen.

Von unserem Hotel aus sind wir in 10 Minuten mitten im Leben und ein Bummel durch das Stephen's Green Shopping Center gehört einfach dazu. Wie ein riesengroßes Gewächshaus steht es da und ist durchaus ein Touristenmagnet. Auch wir sind zum Sightseeing hier auf unserer Wir-schlendern-durch-die-Stadt-Tour.

Im Merrion Square Park treffen wir Oscar Wilde, träge auf einem Felsen dandyhaft lümmelnd und uns sichtlich amüsiert anlächelt. Oder gilt sein Lächeln dem Taubenfreund gegenüber? Wir werden es wohl nie erfahren.

Vom Merrion Square Park zum Saint Stephan's Green Park ins nächste Grün sind es gerade mal 400 Meter. Eine Oase mitten in Dublin mit See, Wasserfall und Spielplätzen. Wer einfach mal eine Pause einlegen will, vom Shopping, Studium etc. kommt hierher. Danach einen Prosecco bei Zizzi? Warum nicht.

Einfach durch die Straßen und Gassen schlendern allein macht Spaß, vorbei an trendingen Cafés, Pubs und kleinen Boutiquen, während Straßenmusiker, Sängerinnen und Sänger für Stimmung sorgen.

Ach ja, einen Regenschirm oder Regenjacke sollte immer parat sein, falls ein Termin eingehalten werden muss, denn auch an einem sonnigen Tag kann einen ganz unerwartet ein Regenschauer überraschen. Wer Zeit hat, geht dann einfach in ein Geschäft, Café oder Pub und wartet, bis der Spuk vorbei ist. Denn meist dauert so ein Guss nicht lange.

„Dublin at Night“ darf natürlich nicht ausgelassen werden und hat seinen ganz besonderen Reiz. Der Puls der Stadt legt noch einen Zahn zu, die Gegend rund um die Temple Bar eine einzige Party Zone. Hier gilt nicht: In der Nacht sind alle Katzen grau. Das Gegenteil ist der Fall.

Wer in den angesagten Pubs keinen Platz findet, sollte sich keine Gedanken machen. In Dublin gibt es über 700 davon. Das bekannteste Pub ist wohl die Temple Bar und die lässt sich ihren Ruhm auch was kosten. Uns reichte gucken und gehen.

Und gingen statt dessen ins „The Hairy Lemon“ im selben Viertel. Drehort des Blockbusters „The Commitments“. Für uns genau richtig ;-)

Über die Ha' Penny Bridge (nur für Fußgänger) zu gehen ist immer was Besonderes, egal ob am Tag oder in der Nacht. Sie verbindet Temple Bar auf der Südseite mit der Nordseite Dublins und wurde 1816 gebaut. Wollte man sie überqueren, musste ein halber Penny gezahlt werden. Heute zum Glück nicht mehr. Am nächsten Tag verlassen wir die Stadt und fahren gen Süden.

The Hook   
Am Ende des Hook Head - an der Südspitze einer Halbinsel in der Grafschaft Wexford - steht er, der älteste in Betrieb befindliche Leuchturm der Welt. An dieser Stelle sollen schon im  5. Jahrhundert Mönche    Signalfeuer entfacht haben, damit Seefahrer sicher in die Bucht kommen konnten. Erbaut wurde der  Leuchtturm dann zwischen 1210 und 1230 offensichtlich für die Ewigkeit. Stabil und fett steht er da und hat bis heute  alle Stürme überstanden.  

Fortsetzung folgt mit: Mountainbiking in den Wicklow Mountains,  wir treffen Mel Gibson „Braveheart“ sehr plakativ in Trim, fahren ab Galway wieder auf dem Wild Atlantic Way, übernachten bei Ballynahown direkt am Meer und genießen die Tour entlang der Sky Road. Stay tuned!   

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