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Nepal                                                   <<       >>

   
   

Nach meinem "Abstieg" kurz vor der Grenze kamen wir dort, dank einer der öfteren Fehlinformationen zum Weg, kurz vor der Dunkelheit am geschlossenen Tor der indischen Grenze an. Die Inder schließen zu einem bestimmten Zeitpunkt für die Nacht die Grenze. Wir durften aber trotzdem noch rein. Über eine Art Damm (so genau konnte ich es nicht erkennen) gings über das Grenzgewässer zur indischen Station, die im Prinzip nur aus einigen Hütten bestand, wenig mondän mit kaum Licht. Wider Erwarten war die Abfertigung nicht nur freundlich-geschäftsmäßig, sondern auch zügig (relativ!), die nepalesiche Station ist dann einen Kilometer weiter. Da war's dann schon dunkel.

Die Zollabfertigung war schnell erledigt, aber der nepalesische 'Officer' für die Einreiseformalitäten war nicht da, wir sollten am nächsten Morgen wiederkommen. Ofiziell ist die nepalesische Grenze 24 Stunden lang geöffnet! Hier drehte Thomas, der schon zum zehntenmal nach Nepal reiste, kräftig auf. Mit der Androhung von Konsequenzen in Kathmandu erzwang er, dass der Herr zurückgeholt wurde. Eine Stunde später war er da, wir hatten dann ganz schnell unser Visum und die Stempel im Pass - die Drohungen hatten offensichtlich ihre Wirkung getan. Im nahen Grenzort fanden wir ein erfreulich ordentliches und preiswertes Hotel, wo Claudia und Thomas ihre Freude, das ersehnte Ziel doch noch erreicht zu haben, voll genießen konnten.

   
   

Nepal ist geographisch ein interessantes Land: der Süden liegt noch voll in der Gangesebene, dann steigen nach Norden hin allmahlich die Höhenzüge auf, Hügel, Mittelgebirge, Hochgebirge bis zu den Sieben- und Achttausendern im Grenzbereich zu Tibet. Unser Weg Richtung Osten, am ersten Nepaltag noch mit kräftig Regen, führte zunächst in einer angenehmen und reich bewachsenen Ebene mit fast subtropischer Vegetation nach Osten, bis er, nach einer weiteren Übernachtung, vor Kathmandu nach Norden ins Mittelgebirge abbog. Die Straße verläuft durch Flusstäler und steigt dann vor Kathmandu auf zu einem kleinen Pass, von dem aus man einen guten Blick auf die Stadt und das ganze Kathmandu-Valley hat. Durch mäßig hektischen Verkehr ereichten wir das (Touristen-Viertel Thamel, wo Thomas und (mittlerweile auch) Claudia im Hotel Norling Stammgäste sind. Erfreulicherweise hatte der Hotelier, Herr Topten, großes Verständnis für meine enge Kassenlage und stellte mir ein Einzelzimmer für acht Dollar pro Nacht zur Verfügung. Dadurch konnten wir, soweit die unterschiedlichen Aktivitäten dies zuließen, ohne Schwierigkeiten gemeinsame Stunden verbringen. Das Hotel Norling ist ein ausgesprochen empfehlenswertes Haus: gut geführt, sehr sauber, jeden Tag werden die Betten gemacht und ein frisches Handtuch in Bad gehängt - hatten wir lange nicht!

Für mich galt es natürlich in erster Linie, das Motorrad wieder auf Vordermann bringen zu lassen. In einer kleinen Werkstätte wurde der Anlasser repariert, was fast eine Woche in Anspruch nahm, weil neben dem Ersatz der zerbrochenen Kohlen auch eine komplette neue Wicklung erforderlich war. Der Spass war mit hundert Dollar auch nicht ganz billig. Aber es funktioniert wieder.

Als endlich über DHL der Ersatz-Vorderreifen eintraf, konnte auch der zweite Teil der Pflege- und Erneuerungs-Arbeiten statfinden: beide Reifen gewechselt, Bremsklötze vorn und Bremsbelag hinten erneuert, Vergaser gründlich gereinigt. Jetzt ist die Maschine wieder fahrfertig, vor allem der Motor läuft wieder sauber und rund. Was übrigens anzumerken ist: mein Rückenprotektor ist nicht geklaut worden, sondern von Schweizern, die ich in Lahore kennengelernt hatte, in der irrigen Annahme, ich sei schon abgereist, "gerettet" worden. Er wird jezt in Basel bis zu meiner Rückkunft verwahrt.

Parallel zu den Reparaturarbeiten kaufte ich eine neue Kamera, weil eine Verwertung der Reise, wie auch immer, ohne technisch erstklassige Aufnahmen einfach nicht funktioniert. Es ist, worüber ich sehr froh bin, die gleiche Canon wie zuvor mit der gleichen ergänzenden Ausstattung. Diese Ausgabe hat ein tiefes Loch in die Reisekasse gerissen, obwohl der Preis nicht ganz so hoch war wie in Deutschland. Außerdem hatte ich durch die lange Wartezeit die Gelegenheit, endlich mal mein Gepäck gründlich sauber zu machen.

   
   

Kathmandu liegt in einem großen Talkessel, umgeben von mittelhohen Bergen, über die von Norden einige der Eisriesen rüberschauen. Die Temperaturen sind mittlerweile auch hier zurückgegangen, abends ist es schon ganz ordentlich frisch, tagsüber aber kann man noch im Kurzärmeligen rumlaufen. Schnee gilt hier nur als extrem seltene, sensationelle Ausnahme. Ganz anders sieht das natürlich aus, wenn man den Talkessel verlässt! Der frühe Wintereinbruch heuer hat leider Menschenleben gekostet (unter anderem sieben Franzosen und elf Nepali, die bei der Ersteigung des Mt. Kanguru von einer Riesenlawine verschüttet worden sind) und die Trekker durch meterhohen Schnee vorzeitig ins Tal vertrieben. Die Kehrseite der bergsteigerischen Vergnügen, die Nepal im Überfluss zu bieten hat.

Spiegelbild dieser touristischen Atraktionen ist das Thamel-Viertel. Laden an Laden, Hotel neben Hotel und Restaurant, Reisebüros, Handarbeiten und tourisitscher Schnickschnack, Trekking-Ausrüster, Foto-, Bücher- und Kartengeschäfte, Strasenhändler, Fahrrad-Rikschas, einige Bettler, Touristen, Einheimische, mit ihrem ständigen Hupen lästige Motorradfahrer, alles in einem kunterbunten Gemisch. Und dazwischen immer wieder einer, der einem "Haschisch, Sir" zuzischelt.

   
   

Das Speiseangebot ist wahrhaft international: nepalesisch, indisch, tibetisch, europäisch, amerikanisch, mexikanisch, sogar Holzofen-Pizza gibt's. Dabei gibt's durchaus moderne Errungenschaften - die Bar Mayo etwa hat von 18 - 20 Uhr happy hour. Eine Besonderheit ist das Restaurant "Rum Doodle"; es ist Anlaufstelle für alle möglichen Berg-Expeditionen, insbesondere der Mount Everest-Bezwinger: wer rauf und wieder runter gekommen ist, darf sich mit seiner Unterschrift auf einer der Tafeln verewigen, von denen schon einige im Lokal hängen. Angeblich sind alle vertreten, die's bis heute geschafft haben, auf Ehrentafeln sind z.B. Edmund Hillary und Reinhold Messner mit ihren Unterschriften vertreten.

In einer Reihe von Restaurants gibt's (meist) einheimische Lifemusik, was allerdings einen Haken hat: das Repertoire ist im allgemeinen sehr begrenzt, sodass schon an einem Abend endlose Wiederholungen dargebracht werden. Eine solche Band im Nebenhaus kann ganz schön auf die Nerven gehen! Eine angenehme Einrichtung sind die Roof-Top-Restaurants: man sitzt auf dem Dach mit teilweise gutem Blick auf die Stadt, insbesondere aber die Berge rundum.

Erfreulich gut ist die Luft in der Stadt: vor zwei Jahren wurden die stinkenden Tucktuck aus der Stadt verbannt, die wie überall mit ihrem blauen Dunst die Athmosphäre verpestet haben. Der Ersatz sind kleine Taxi's, die zwar die Straßen genauso verstopfen, aber wenigstens keinen unmäßig Gestank verbreiten. Auch die Sauberkeit kann, verglichen mit den bisher gesehenen asiatischen Städten, als vorbildlich gelten. Es gibt eine gut funktionierende Müllabfuhr, Abfallhaufen in Seitengassen, die mir unangenehm aufgefallen waren, haben sich als primitive Sammelstellen herausgestellt, die von Zeit zu Zeit geräumt werden. Was (mich) stört, ist die Häufung von Motorradfahrern mit ihrem unablässigen Hupen, auch da, wo's nicht nötig wäre. Ausserdem die Angewohnheit, sich auf Schritt und Tritt zu räuspern und dann auf die Strasse zu spucken.

   
   

In und um die Stadt eine Reihe von Hindu- und Buddhisten-Tempel, allesamt sehenswert und interessant. Ansonsten macht es ausgesprochen viel Spass, auch durch andere Viertel zu laufen, das Alltagsleben der Menschen beobachten, insbesondere der unglaublich belebte Basar mit seinen engen Gassen hat es mir angetan. Da brodelt das Geschäftsleben. Ich bin, wieder mal, sehr viel zu Fuß unterwegs gewesen. Zwei Ausflüge waren besonders erfreulich:

- der Ausflug nach Nagarkot mit Übernachtung dort. Es handelt sich dabei um ein auf etwa 2000 m Höhe gelegenes "Resort", von wo man einen guten Blick auf einige Teile des Himalaya hat und insbesondere Sonnenauf- und -untergang genießen kann (wenn's nicht bewölkt ist).

- der Ausflug zur tibetischen Grenze, wo es mir durch Frechheit gelungen ist, an den chinesischen Grenzern vorbei einige Schritte auf tibetischen Boden zu tun - wurde dann aber sehr schnell wieder zurückgeschickt. Bei dieser Fahrt, die ich alleine absolvierte, ist mir bewusst geworden, wie sehr ich seit Afghanistan verkrampft auf dem Motorrad sitze, vor jeder Kurve war ich unter Anspannung, ob mir nicht irgend ein Verrückter auf meiner Seite entgegenkommt.

Ein besonderes Erlebnis war auch der Besuch bei einem Kinderheim der "Nepalhilfe Beilngries", entstanden aus einer Privatinitiative von Karl Reber, der sie bis heute leitet. Ich habe ihn hier anlässlich seines alljährlichen Besuchs kennengelernt, er ist bei der Kripo und opfert wohl den Grossteil seiner Freizeit für dieses Projekt. Hut ab! Es gibt einige Einrichtungen hier in Nepal, erfreulich ist, dass sich auch Prominente, wie z.B. der Extrembergsteiger Kammerlander, für die Sache engagieren.

Am 6.11. sind Claudia und Thomas heimgeflogen, es war ein herzlicher Abschied. Ich freu mich immer noch, zwei so patente Menschen als Reisebegleiter gefunden zu haben!! Ohne die beiden und ihre Hilfsbereitschaft hätte ich bei meinen Motorradproblemen ganz schön alt ausgesehen (mehr noch, als ohnehin schon der Fall...). Während unserer Zeit hier waren noch zwei andere Motorradfahrer in der Stadt: Herbert aus Stuttgart und Henri aus Paris. Zwei nette Burschen, beide schon abgereist, einer nach Bangkok, der andere nach Singapur.

Durch Thomas habe ich zwei Menschen kennengelernt, die mir bei meinen Problemen viel ungewöhnliche Hilfsbereitschaft bewiesen haben: Topten, der Chef des "Norling" und vor allem Hari, der im Trekkinggeschäft aktiv ist. Insbesondere Hari hat mir viel Zeit und Mühen geschenkt bei den Reparaturarbeiten, obwohl er genau wusste, dass er an mir keine Rupie verdienen kann!

Hari hat uns drei dann noch an Nepals höchstem Feiertag, dem "Brother-and-Sister-Day" in sein Haus eingeladen. An diesem Tag besuchen traditionell die Brüder ihre Schwestern, aus Platzgründen (vermute ich) hat sich die Familie bei Hari getroffen, es war auch ein Bruder aus Südafrika gekommen. Wir wurden mit einer traditionellen Zeremonie geehrt, die uns vor Unbill schützen soll, ausserdem gab es wechselseitig einige kleine Geschenke, danach noch ein ausführliches Essen mit dem Hausherrn. Nepalesische Besonderheit: Konversation gibt es vor dem Essen, danach verabschiedet man sich.

Im Hotel lese ich fast regelmäßig die englischsprachige Tageszeitung "The Himalayan". Es fällt mir dadurch auf, dass zwar derzeit die demokratische Ordnung außer Kraft gesetzt ist, die Presse aber (noch?) relativ viel Freiheit geniesst. Die Regierung wird konsequent für ihre harschen Aktionen gerügt und zur Rückkehr zur Demokratie aufgefordert. Es gibt regelmäßig Ärger, einmal war ein Streiktag, der tatsächlich das Ausmaß eines Generalstreiks hatte. Höchst Unerfreuliches gibt es auch: seit Anfang September bzw. Mitte Oktober werden in Kathmandu zwei deutsche Frauen vermisst. Man geht davon aus, dass sie nicht mehr leben, Hintergründe sind nicht bekannt.

   
   

Nachdem alle Motorrad-Renovierungsarbeiten beendet und mein Gepäck wieder vertäut war, habe ich Kathmandu wieder verlassen. Mein Ziel war zwar grundsätzlich Pokhara (Nepal), ich wählte aber den Umweg über den Daman-Pass, knapp 2500 m hoch. Rund hundert Kilometer endloser Pässefahrt, schmale Straße, allerdings nur wenige Spitzkehren, aber kaum schnelles Fahren möglich. Um nicht wieder Stress durch Nachtfahren zu riskieren, habe ich in Hetauda übernachtet, am nächsten Tag ging's dann recht gemütlich in wenigen Stunden nach Pokhara.

Auch diese Stadt ist unglaublich gewachsen! Trotzdem ist es mir gelungen, einige der früher besuchten Plätze wieder ausfindig zu machen - aber mit welchem Erstaunen! Ich bin damals auf einem schmalen Feldweg von der Stadt wegmarschiert zu einem wunderschönen See, in dem ich badete und mich wusch - sehr zum Ergötzen der Kinder, die mir dabei zusahen. Und jetzt: so wie es das Thamel-Viertel in Kathmandu noch nicht gab, so ist jetzt dort am See die sog. "Lakeside" entstanden, ein touristisches Viertel, das mit dem schönen See im Hintergrund schnell Gedanken an den Tegernsee aufkommen lässt - die touristischen Erinnerungsstücke sind halt andere...

Begeisternd für mich war halt wieder mal das Anapurna-Massiv, das auf die Stadt herunterschaut und damit die einmalige Schönheit Pokhara's (für mich) begründet. Nach meinem touristischen Tag in Pokhara gings weiter, über die südlich gelegenen Höhenzüge wieder ins Flachland, nach Lumbini, dem Geburtsort Buddha's. Rein touristisch ist dieser Platz zwar noch in den Kinderschuhen, aber ein seit Jahrzehnten existierender "Masterplan" wird wohl dazu führen, dass sich das in den kommenden Jahren ändert. Der "sacred garden", mehrere Hektar gross, beinhaltet die archäologischen Reste des Bereichs, in dem die Geburt stattgefunden hat/haben soll - die Indizien sind aber sehr stark, dass es stimmt. Dazu bauen bzw. haben gebaut eine Reihe von (buddhistischen) Ländern Klöster und Tempel, die man auf einem langen und kontemplativen Spaziergang besuchen, teilweise auch besichtigen kann. Ich war über 6 Stunden unterwegs und habe die Ruhe und die angenehme Athmosphäre sehr genossen (es galt ja, Kraft zu tanken für die Weiterfahrt in Indien!

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