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Malaysia 1                                          <<       >>

Meine letzte Nacht auf Sri Lanka war sehr unruhig! Ich musste um 4.00 Uhr am Flughafen sein (3 Stunden vor Abflug!), das bedeutete, um 3.00 Uhr aufstehen, das Tucktuck sollte um 3.30 Uhr vorfahren. Zwar hatte ich dem jungen Mann im Hotel einen 100 Rupienschein als Belohnung gezeigt, wenn er mich pünktlich weckt - aber wer weiß schon? Also hatte ich mich ganz stark aufgeheizt, um auf jeden Fall pünktlich aufzuwachen, was dazu führte, dass ich richtig schlecht geschlafen habe. Früher konnte ich das besser: da habe ich mich auf die Aufwachzeit eingestellt und bin dann mit meist ruhigem Schlaf pünktlich wach geworden. Selbst bei meinen Geschäftsreisen hatte ich über Jahre keinen Wecker im Gebrauch.

Wie auch immer, fünf Minuten bevor der Knabe geklopft hat, war ich aus dem Bett. Dem Tucktuckfahrer ging's offenbar nicht besser, er stand schon um 3.15 Uhr vor der Tür, 3.20 Uhr sind wir losgefahren, damit war ich natürlich viel zu früh am Flughafen und musste warten, bis die Schalter geöffnet wurden, um 4.05 Uhr, also exakt 180 Minuten vor Abflug. Alles weitere war simple Abfertigung und langes Warten bis zum Gang in das Flugzeug. Auch hier wieder, wenn auch in geringer Anzahl: die Hajer. Jetzt weiss ich endlich, woher der Song kommt "Ja wenn wir hadschen, hadschen durch die Latschen, Latschen, durch das schöne Land Tirooool."!

Der Flug war ruhig, gelegentliche Blicke aufs Meer, irgendwann dann auch Schiffe in der Straße von Malakka, riesige Tanker, Containerfrachter, kleinere Schiffe, deren Einsatzzweck ich nicht erkennen konnte, Marineboote, leider konnte ich den Frachter mit meinem Motorrad nicht ausmachen. Der Empfang am Flughafen durch meinen Freunde Willi war für mich äußerst bewegend, wir haben uns umarmt und ich konnte meine Tränen nur mühsam beherrschen. Überhaupt waren die ersten Tage in Kuala Lumpur, wo ich im Haus von Willi von seiner Familie herzlich empfangen wurde, emotional aufgewühlt. Es war wunderbar, einen ersehnten Anlaufpunkt erreicht zu haben und nach langer Zeit wieder mit einem vertrauten Menschen sprechen, diskutieren zu können.

Willi's Familie ist am 17.12., er am 20.12. nach Deutschland geflogen, danach war ich gemeinsam mit Raphael, einem Freund der Familie, als Aufpasser und Hundeversorger im Haus. Raphael war die ganze Zeit lieb und nett um mich besorgt, mein Chauffeur und Cityguide, wann ich immer es wollte (mit Willi's oder auch seinem eigenen Wagen).

   
Raus aus der Kiste und wieder flott gemacht.  

Das Motorrad kam, Taifun bedingt, erst am 18.12. in Klang an, am 19. fuhren wir dorthin zur Agentur, die die Import-Abwicklung als Korrespondent der Madrasser Agentur übernommen hatte. Es wurden die Dokumente ausgetauscht, dann hieß es wieder mal warten. Der Zoll bestimmte die Abläufe, ich konnte mein gutes Teil erst am 27.12. aus dem Zollager abholen. Wir fuhren von da sofort zur hiesigen BMW-Niederlassung, die eine Überholung der Maschine durchführen sollte. Ich war ganz beruhigt, als vor der Werkstatt nicht nur neuere BMW-Motorräder standen, sondern auch eine gute alte R100RT - sie kennen also die alte Zweiventiltechnik.

Das heutige Kuala Lumpur hat mit der Stadt, in der ich 1964 angekommen war, nur mehr wenig zu tun. Eigentlich, neben dem Namen, nur, dass eine Reihe historischer Gebäude nach wie vor stehen, aber was damals das Stadtbild dominiert hatte, steht heute im Schatten der Hochhäuser und Wolkenkratzer. Aus dem verschlafenen Nest, in dem Ochsenkarren ein normaler Anblick waren, ist eine quirlige, moderne, oft mondäne Weltstadt geworden. Man könnte den Eindruck haben, KL sei ein Geflecht aus Schnellstrassen, zwischen das einige Wolkenkratzer, Hoch-, Büro- und Wohnhäuser gebaut wurden.

Die ersten Tage habe ich davon noch nicht so viel mitbekommen, weil die Gesellschaft von Willi und Faulenzen wichtiger waren, außerdem haben mich (auch wenn Willi das nicht wahrhaben wollte) mein Magen und meine Matschbirne, die ich oft bei Klimawechsel habe, stark belästigt. Es war aber auch generell gut, einfach mal den lieben Herrn einen guten Mann sein zu lassen und nur zu faulenzen, zu regenerieren.

An dieser Stelle ist, denke ich, eine Antwort auf eine Reihe von, teils besorgten, Anfragen fällig, auf die ich kurz eingehen will:

  • Entgegen dem Eindruck, den man von einem Foto haben konnte, bin ich nicht bis auf die Knochen abgemagert, aber 18 kg sind runter und das tut mir gut, 6 - 8 kg mehr dürfens noch werden, was aber schwieriger sein wird.
  • Da ich noch nicht auf amerikanischem Boden bin, ist mir auch Montezuma's Rache bisher erspart geblieben. Für einschlägige Gelegenheiten mitgeführte Medikamente sind unangetastet geblieben. Ungemütliche Momente in Kabul waren der dortigen Luft geschuldet, aber unproblematisch, die Magenbeschwerden, die ich gelegentlich hatte, können wir abhaken.
  • Flöhe, Läuse, Wanzen sind mir erspart geblieben, mit Ausnahme der Sandflöhe, die ich mir in Afghanistan eingehandelt habe (ohne es zu wollen, ich habe auch gar nichts dafür bezahlt!). Das war eine mehr als unangenehme Erfahrung, ich hätte auch nicht gewusst, um was es sich handelt, wenn nicht die einschlägige Diagnose im deutschen Medical Center in Kabul gewesen wäre. Vorbei.

Der Erholungsprozess, der in Sri Lanka schon eingesetzt hat und sich in einer zunehmenden innerlichen Entspannung äußert, führt dazu, dass ich mit neuer Freude nicht nur meine Umgebung und deren Sehenswürdigkeiten wahrnehme, sondern auch mit großer Vorfreude auf die weiteren Erlebnisse warte.

Ich komme immer wieder auf das Thema 'Verkehr' (Straßen) zurück, weil es für mich als Motorradfahrer nun halt mal ganz besonders wichtig ist. War Sri Lanka schon, ohne dort selbst gefahren zu sein, ein positives Erlebnis, so war die Fahrt von Klang, dem Seehafen, nach Kuala Lumpur, zu BMW, ganz schnell eher wie Fahren in Europa - wobei natürlich mitspielt, dass mir mittlerweile der Linksverkehr vertraut ist. Kurz vor Weihnachten wurde hier eine Meinungsumfrage veröffentlicht "What drives Malaysians crazy?", es waren 20 Fragen, die Antworten ergaben in der Reihenfolge

  • Bad drivers (üble Fahrer) 86 %
  • Queue jumping (Fahrspur-hüpfen) 86 %
  • Spitting in public (Spucken in d. Öffentlichkeit) 84 %

Wer hätte das erwartet, nach Indien? Zu meinem emotionalen Wiederaufbau beigetragen hat sehr viel, dass ich durch Willi's und Raphaels Unterstützung, trotz nervender technischer Schwierigkeiten, mit erfreulich wenig Kosten zu Weihnachten und Neujahr einige Telefonate im Internet führen konnte, wodurch ich endlich, nach vier Monaten, auch wieder mit Sigi sprechen konnte. Es war ein sehr schönes Erlebnis, mit ihr und anderen Lieben in Deutschland wenigstens ein paar Worte sprechen zu können. (Es möge mir jeder verzeihen, bei dem ich mich nicht gemeldet habe, es gab technische Probleme, die nicht zu bewältigen waren!)

   
Petronas Twin Towers und Kuala Lumpur Tower.  

Nun aber zu Kuala Lumpur. Dank Raphael habe ich die Innenstadt aus dem Auto und, bei Zwischenstops, wichtige Plätze kennengelernt. Ein Erlebnis der besonderen Art ist der Ausblick vom "Kuala Lumpur Tower", vergleichbar dem Olympiaturm in München, nur viel höher, ein tolles Panorama. Die Petronas Twin Towers und andere Wolkenkratzer betrachtet man natürlich nur von unten, was aber den Eindruck nicht schmälert. Daneben gibt es aber auch eher 'irdische' Genüsse, wie z.B. den weltweit grössten begehbaren Vogelpark. Hellabrunns einschlägige Installation wäre dagegen nur ein kleiner Ausschnitt! Ich habe dort, neben dem üblichen, was man bei uns auch sehen kann, so viele Vogelarten gesehen, die mir bisher völlig unbekannt waren, dass ich aus dem Staunen und Bewundern nicht herauskam. Schade, dass häufig der Versuch, zu fotografieren, zum Scheitern verurteilt ist.

Natürlich habe ich, einer alten Gewohnheit folgend, die Stadt, soweit auf diese Art und dem Wetter entsprechend (es ist Monsunzeit!) machbar, zu Fuß erkundet. Begonnen habe ich am Merdeka Square. Dort fand am 30. August 1957 (symbolisch) die Machtübergabe der Engländer an die Malaysiche Regierung statt, indem der Union Jack eingeholt und die malaysiche Flagger gehisst wurde. Man ist hier immer noch stolz darauf, dass die malaysische Flagge, angeblich weltweit, auf dem höchsten Fahnenmast weht, in 100 m Höhe.

   
Petronas Twin Towers only.  

Es ist erfreulich, dass alle die kolonialen (Pracht)Bauten, die die Engländer errichtet haben, erhalten geblieben sind und heute weiter genutzt werden, z.B. als Regierungs- und Justizgebäude, als Museen und wer weiß was auch immer - die Vergangenheit wird
nicht verdrängt, sondern als nationale Historie einbezogen und, wenn auch manchmal mit bitterem Unterton, akzeptiert. Die koloniale Epoche dauerte immerhin mit den Eroberungen ab dem frühen 16. Jahrhundert durch die Portugiesen, gefolgt von den Holländern und schließlich den Briten im ausgehenden 18. Jahrhundert fast fünfhundert Jahre.

Die Entwicklung der Menschheit fasziniert mich seit langem, deshalb war ein Besuch im historischen Museum, direkt am Merdeka-Platz, zwingend. Es war für mich richtig spannend, zu sehen, was auf dieser Peninsula an Entwicklung stattgefunden hat und zu welch für uns unglaublich frühen Zeiten bereits kultureller Austausch mit China, aber auch Indien und dann Arabien und Europa stattgefunden hat. Die Erforschung der Entwicklung der globalen Menschheit birgt, glaube ich, in der Zukunft noch viele Überraschungen.

Mehr im diesseitigen angesiedelt sind die nächsten Ziele:

  • Gleich gegenüber dem Museum das Sultan Abdul Samad Building, ein langgestreckter Bau vom Ende des 19. Jahrhunderts, im maurischen Stil, früher Regierungsgebäude, heute Sitz der obersten Gerichte.
  • Die St. Mary's Church, ein eher überraschend einfacher, moderner Bau der Anglikanischen Kirche aus dem 19. Jahrhundert.
  • Die Masjid Jamek, eine Moschee im indisch-islamischen Stil. Errichtet am Treffpunkt zweier Flüsse, dort, wo auch die ersten Zinnminen entstanden sind, die das weitere Leben in Malaya wesentlich beeinflusst haben.
  • Menara Dayabumi, ein Gebäudekomplex, in dem die, teils uralte, Handwerkskunst Malaysis besichtigt und bestaunt werden kann.
  • Masjid Negara, die National-Moschee (Staatsreligion Malaysias ist der Islam, bei großer Toleranz gegenüber anderen Religionen), ein moderner Bau, der Elemente der alten arabischen und Moghul-Architektur aufnimmt und mit höchst modernen Elementen verbindet.
  • Bei diesem Rundgang darf natürlich der 'Central Market' nicht fehlen, der neben dem üblichen Touristenkitsch auch (zumindest fast) alles bietet, was Malaysia, aber auch umliegende Länder an Handwerk und Kunst zu bieten haben.

Da man nicht alles auf einmal, vor allem aber gar nicht alles bei begrenzter Zeit sehen kann, sind einige Ziele einem zweiten, dritten Ansatz vorbehalten. Ich hätte mir schon noch mehr anschauen können, habe es aber vorgezogen, vor der Weiterfahrt noch einmal einige richtig faule Tage einzulegen. Zuvor aber noch zu den alltäglichen Abläufen und Ereignissen.

Am 23.12. hatte ich im nahen Market-Place die Spiegel-Ausgaben Nr. 50 + 51 ergattert (sensationell neue Ausgaben, zu sehr fairem Preis!), erste deutsche Nachrichten seit langer Zeit! Danach war ich, erstmals und alleine, mit Willis Wagen zum nahen Einkaufszentrum Bangsor gefahren: dreimal richtig abbiegen und man ist da. War ich auch! Die Rückfahrt allerdings gestaltete sich zu einer kleinen Odysee: einmal falsch abgebogen, immer falsch. Erst hatte ich ja noch Spass daran, immer im selben Geviert rumzugurken, ohne anzukommen, als ich dann aber plötzlich auf der mautpflichtigen Autobahn war, war ich schon eher leicht genervt. Wie auch immer: irgendwann hat mich ein freundlicher älterer Herr, nur um zwei Ecken, in die Jalan Balau nach Hause gebracht.

Nach Weihnachten war ich zweimal beim Zahnarzt: einmal Zähne putzen, einmal zwei kleine Macken, die sich nicht zu Löchern weiterentwickeln sollten, reparieren, in Summe 300 Ringith, das sind ca. 75 Euro. Am 30.12. konnte ich dann mein Motorrad bei BMW abholen, verbunden mit einer sehr positiven Überraschung: ich durfte nichts bezahlen! Die beiden Mechaniker hatten eine sehr gute Arbeit geleistet (was ich bei der Fahrt zu Willi's Haus schnell hören und spüren konnte), haben aber eher empört abgelehnt, ein Trinkgeld anzunehmen.

Seit Willi's Abreise am 20.12. hat sich das Wetter deutlich hin zum Monsun-Alltag verändert: meist starke Bewölkung, oft Gewitter mit starken Regenfällen, beginnend ab 15.00, 16.00 Uhr. Ausgerechnet bei der Fahrt von BMW hierher zu Willi hat's dann richtig zugeschlagen: ein Donnerwetter vom Feinsten. Glücklicherweise hatte ich wenigstens meine Regenjacke mitgenommen: oben trocken, ab dem Po patschnass. Noch größeres Glück: so richtig losgegangen ist es erst, als wir hier eingetroffen waren: sowas hatte ich bisher nicht! Die im Garten an einer Art Teppichklopfstange aufgehängte Plane (war zum Waschen vorgesehen) kam minutenlang nicht aus der Waagrechten, bei prasselndem Wasserfall.
Vorteil: ich weiß jetzt, worauf ich mich nach monatelangem Trokkenwetter einrichten muss.

Den Sylvestertag habe ich hier im Haus verbracht, mit Ausnahe zweier Einkaufsfahrten. Die erste war der normale Einkauf, im nahen Marktbereich haben die Geschäfte am 1. und 2. geschlossen, die zweite dann am Spätnachmittag, als sich herausstellte, dass Raphael am
Abend auch im Haus blieb: kurzentschlossen bin ich nochmal raus, um entgegen ursprünglicher Planung doch eine Flasche Sekt zu kaufen; es war australischer, trocken und richtig gut, außerdem preiswert. Wir haben um Mitternacht angestoßen und ich gestaunt, wie wenig Lärm und Krach zu hören war, lediglich in einigen entfernteren Stadtvierteln waren Feuerwerke zu sehen, teils zu hören. Von dem bei uns üblichen Sternschnuppen-Privatvergnügen keine Spur!

Vorher, am Nachmittag, hatte ich Großputztag: die Ortlieb-Säcke mit den Camping-Utensilien hatte ich schon am Vortag gereinigt und in der Abstellkammer verstaut. Sie bleiben hier, bis ich wieder aus dem Norden zurück bin. Nun war die Reinigung der Ledertaschen und der Plastikplane angesagt, die wieder genügend Mischung aus Staub und Dieselruß angesammelt hatten. Schweißtreibend! Aber nun kann ich die Teile wieder anfassen, ohne sofort schwarze Hände zu haben.

Am Abend, Muse hatte ich ja genügend, habe ich versucht, ein kleines Resumee des Jahres 2005 zu ziehen - und ich weiß, dass ich mich wiederhole, aber entgegen meiner sonstigen Gewohnheit zitiere ich aus meinem Tagebuch, was ich aufgeschrieben habe:

Beginn des Zitats: "Nun also, was gilt es zu begießen heute Nacht?

Das erste Halbjahr sicherlich nur bedingt: dazu war es zu sehr gespickt mit Verzögerungen, Frustrationen; aber es waren auch gute Momente dabei: das iranische Visum und, last not least, auch das afghanische. Ich war ja am Schluss so sauer, dass ich, leichtsinniger Weise, gar keine Lust mehr hatte, eine Probeladung und -fahrt mit dem Gepäck zu machen. Was sich ja schon auf der Fahrt zu HPN als großer Fehler herausstellte: die Fuhre war nur schwer zu dirigieren.

Bei allem innerlichen Zögern, Zaudern, Bedauern ob des Abschieds von Sigi, Daxau, den Freunden: als es endlich losging, waren 51 % der Empfindungen doch Erleichterung, Vorfreude, angespannte Erwartung.

Also das zweite Halbjahr...

Dass mich vieles unerwartet und überraschend treffen würde, war mir klar, darunter z.B. als eine der leichteren Übungen, wie viel weniger Verständigung in Englisch in vielen Ländern möglich war/ist im Vergleich zu 1963/1964. Dem gegenüber standen dann z.B. Straßen, von denen wir damals nur träumen konnten. Mein teilweise schnelles Vorwärtskommen ist genau darauf begründet. Es gibt ja wirklich tausende von Kilometern, über die wir uns damals vorwartsquälen mussten, die ich diesmal zügig passieren konnte, auch deshalb, weil der Unterhaltungswert links und rechts nicht sehr hoch ist.

Andererseits gehört zu diesem Halbjahr auch, dass ich noch hier in Kuala Lumpur – obwohl eigentlich ab Benares bis Madras die Fahrerei dank vieler Highway-Passagen schon viel einfacher war, in Madras erzwungen, in Sri Lanka ersehnt, Ruhe- und Erholungsphasen waren – gelegentlich in den ersten 10 Tagen mein Zittern und innerliches Vibrieren, meine immensen Anspannungen immer wieder erlebte und nur allmählich abbauen konnte. Es war der Ausklang der Phase, bei der ich seit Calcutta unsicher war, ob ich meine Reise fortsetzen kann, soll, will. Nun habe ich mein Motorrad wieder, es klingt gut, fährt sich gut – und das tut mir gut! Ich konnte beim Abholen schon ohne Nervosität aufsteigen und hierher fahren.

Ich freue mich plötzlich wieder auf die Zukunft.

Es bleibt aber immer noch die Frage, warum mich die Erlebnisse dieser ersten Reiseetappe so tief treffen konnten - und warum ich so große Schwierigkeiten hatte, darauf zu reagieren und mich diesen zu stellen, mir überhaupt erst bewusst zu werden. Manches trifft einen eben doch existentiell, kostet Nerven und Substanz (zusätzlich zu aller körperlichen Anstrengung), so dass später die extremen Beanspruchungen in Indien viel stärker zehren und tief wirken. Wobei zu Indien auch gehört, dass man oft genug, in vielen Situationen, bei vielen Straßenszenen (unglaubliche, extreme Armut) ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit, das depressiv machen kann, empfindet.

Das ist natürlich auch die Kehrseite des Alleinfahrens, man ist einerseits unabhängig, andererseits eben nur auf sich selbst gestellt und ohne, vielleicht ausgleichenden, Partner, Gesprächspartner. Aber, dies sind nur die düsteren Seiten, die, glaube ich, bald in den Hintergrund gleiten werden, an Bedeutung verlieren und verblassen gegenüber den schönen Erinnerungen und Erlebnissen:

  • Wie vielen interessanten, lieben, hilfreichen, bewundernswerten Menschen bin ich doch begegnet - ein Buch für sich!
  • Was hatte ich großartige, einmalige Erlebnisse, wenn auch oft anstrengend, die man nicht planen kann, die über einen kommen, ohne zu wissen, wie und warum – auch wenn man sie erhofft hat.
  • Die wunderbaren Landschaften - Afghanistan, Karakorum-Highway, Nepal. Der Anapurna wird mir so ins Gedächtnis geschrieben bleiben wie das Tadj Mahal. Davon kann man ein Leben lang träumen.
  • Der Empfang durch Freund Willi am Flughafen in Kuala Lumpur.
   
   

Ich bin in einer anderen Welt angekommen, keine heile Welt, aber für mich viel schöner, leichter aufzunehmen als vieles in den vergangenen Monaten.

Es möge ein gutes Jahr 2006 werden!

Ende des Zitats. Ich mag zwar keinen Seelen-Striptease, aber nach allem, was ich in meinen Reiseberichten geschrieben habe, wollte ich dieses Resumee nicht verschweigen.

Bedingt durch den langen Aufenthalt hier in Kuala Lumpur und die besondere Situation des Jahreswechsels ist dies mein erster Bericht aus Malaysia. Am 4.1. mache ich mich auf nach Norden (Thailand, Laos, Kambodscha, Thailand und wieder Malaysia), ich melde mich wieder. Euch allen ein gutes, gesundes und zufriedenes Jahr 2006, das sind meine Wünsche fuer Euch, verbunden mit meinen herzlichen Grüßen.

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