
Die Sonne kitzelt uns sanft an der Nase und die dunklen Skiklamotten heizen sich richtig auf, so dass uns auf über 2000 Meter eine wohlige Wärme umgibt. Mein Blick schweift über die frisch verschneiten Gipfelgrate des Gsieser Tals. Die Weite der Landschaft wirkt erhaben und eine innerliche Ruhe kehrt in mir ein.

Gemütlich sitzen wir auf der Hausbank einer Almhütte, umgeben vom harzigen Geruch des Holzes und ruhen nach einer anstrengenden Tour. Südtirol kannten wir bisher nur vom Sommer oder Herbst. Die Steinriesen Sextener Dolomiten, Drei Zinnen & Co aber im winterlichen Gewande zu betrachten ist schon etwas Besonderes.
Vor ein paar Tagen reisten wir aus dem nahgelegenen Oberbayern nach Olang am Kronplatz.
Hier gibt es nahezu unerschöpfliche Möglichkeiten für alpine Touren und da der Ort strategisch dafür günstig liegt, ist es von dort aus meist nur ein Katzensprung bis zum Ausgangspunkt zahlreicher Touren. Die zeitlichen Umfänge bewegen sich zwischen 3 – 7 Std. Gehzeit und 1100 – 1900 Hm Aufstieg. Wir entscheiden uns erstmal für den „unteren Level“, das bedeutet 1100 Hm in einem ca. dreistündigen Marsch anzugehen.
Am nächsten Morgen stehen wir am Parkplatz im Pragser Tal. Wir sind noch ganz allein, alles scheint zu schlafen, nur die umliegenden Gipfel sehen mit eisigen Augen auf uns herab als wollten sie uns fragen „Seid ihr wirklich schon bereit für uns?“

Anfangs gleiten die Ski federleicht und fast mühelos durch den lockeren Pulverschnee. Mit der Zeit aber werden sie immer schwerer. Die Telemarkausrüstung verlangt einige Schweißtropfen mehr beim Aufstieg von uns ab als das normale Tourenequipment. Dafür dürfen wir uns auf einen riesigen 'Abfahrtssurfspaß' freuen. Den haben wir dann auch am durchgehend steilen Gipfelhang. Die Schneekristalle verwirbeln sich in der Luft und jeder von uns zieht bei der Abfahrt eine weiße Staubwolke hinter sich her. Das macht solche Laune, dass wir nach einer kurzen Mittagspause noch auf einen kleineren Nebengipfel stapfen. Leider verschlechtert sich das Wetter zusehends. Die mächtigen Felsbrocken der Sennes-Fanes-Gruppe verschwinden unter einer dichten Schneefront. Für heute müssen wir unsere Ski leider abschnallen. Überwältigt von der Weite der Landschaft und dem guten Gefühl dass es über Nacht nochmals schneien wird, fallen wir abends schon früh ins Bett.
Neuer Tag, neues Glück! Diesmal starten wir vom Gsieser Tal aus in Richtung Rotlahner. Der Weg führt am Kaserbach entlang bis wir nach einer Steilstufe die Baumgrenze erreichen. Von dort aus, so scheint es, öffnet der Berg sein Herz. Das Hochtal bietet eine sichere und leichte Aufstiegsroute und hält einige Abfahrtsvarianten bereit. Unberührte Hänge so weit das Auge reicht. Bei diesem Anblick entwickeln sich unsere Beine zu unermüdlichen Tretmühlen. Stetig und im gleichen Takt tragen sie uns bergauf.
Ebenso wie am Vortag kann sich das Wetter auch heute nicht so recht entscheiden. Heftiges Nebelziehen und starker Wind erschweren die Sicht und zwingen uns erneut zum Umdrehen. Dann heißt es einfach nur noch sicher und unversehrt nach unten zu kommen.
Im Rausch des Tiefschnees verfliegen die Tage. Die Wetterlage stabilisiert sich immer mehr. Täglich dürfen wir ein zauberhaftes Wintermärchen erleben. Das Knirschen der Schneekristalle unter den Skiern und das Geräusch des eigenen Atems, das die Stille der Gebirgswelt unterbricht, begleiten uns jeden Tag. Unser persönliches Highlight aber erleben wir im Antholzer Tal, bekannt in erster Linie als Austragungsstätte des Biathlon-Welt-Cups. Die Passstraße zum Staller Sattel, die im Winter als Rodelbahn benutzt wird, ist der Ausgangspunkt, direkt am Antholzer See gelegen.
Der Weg ist sehr steil und man gewinnt dadurch schnell an Höhe. Wir werden von einigen Südtirolern überholt die, so sieht es zumindest aus, den Berg hinauf laufen als wär’s ein kleiner Sonntagsspaziergang. Als sie aber unsere breiten Skier sehen scherzen sie und fragen ob wir am Gipfel nicht mit ihrer Ausrüstung tauschen wollen. „Nix da!“, schließlich wollen wir für diese Schlepperei anständig belohnt werden.

Der Aufstiegsweg zieht sich durchgehend steil den Berg hinauf. Oben kommen uns die ersten Abfahrer mit einem breiten Grinsen im Gesicht entgegengesaust. Nach einer ausgiebigen Gipfeljause stürzen auch wir uns ins weiße Vergnügen. Nach der Hälfte der Abfahrt war klar, dass wir nochmals auffellen würden, um ein zweites Mal runter zu fahren. Bei solchen Verhältnissen kann man mit einer Abfahrt nicht aufhören..! Sehr müde, aber mit einem fetten Grinsen im Gesicht kommen wir am späten Nachmittag an den Ausgangspunkt der Tour zurück.
Am Abend gönnen wir dann den stark geschundenen Muskeln eine Auszeit und überaus wohltuende Pflegeeinheit in einer Sauna.
Die vergangenen Tage waren körperlich zwar anstrengend, jetzt überwiegt aber vielmehr ein wohliges, entspanntes Körpergefühl. Dieser tollen Natur und den herzlichen Menschen hier in Südtirol sei Dank! Wir kommen sehr gerne wieder.
Diahshow:

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