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Kilimandscharo  

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Jambo Kilimanjaro!
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Autor:
     
Bernd Schuster
    
 

BERND SCHUSTER
ist auf vielen Kontinenten zu Hause und lässt andere gerne an seinen Erlebnissen teilhaben. Als Reisebutler  organisiert er auf Wunsch Urlaubsträume rund um den Globus. Für ADVENTURE-magazin.de berichtet er in loser Reihenfolge von seinen Reisen.

Bergabenteuer am Äquator
23.30 Uhr - Barafu – Camp Kilimanjaro Tansania – Außentemperatur minus 13 Grad Celsius, Höhe 4600 Meter. Aus dem Nachbarzelt ertönen gequetschte Laute eines Blasinstruments. Leider stieß sich Rupert beim Versuch, die versprochene Weckfanfare zu intonieren, mit dem Mundstück unsanft an den Lippen, was zu einer Schwellung führte. Zudem erweist sich seine Trompete im eingefrorenen Zustand als nutzloses Requisit. Es ist eiskalt und geschlafen haben wir so gut wie gar nicht. Fast 4000 Höhenmeter unter uns funkeln die Lichter der Stadt Moshi zu uns herauf und am mondlosen Himmel brillieren Millionen eiskalter Sterne. Es gibt im kleinen Speisezelt heißen Tee, trockene Plätzchen und unsere berühmten Manner-Schnitten, die Geheimwaffe Österreichs. Für den alpinen Bereich gibt es unseren tansanischen Guide Nico, einen sympathischen, ruhigen, rabenschwarzen Athleten mit ewig langen, schlaksigen Beinen und wahren Kindersärgen an den riesigen Füßen. Ich bin so eine Art "Thomas Gottschalk" der Truppe. Noch im Altersheim werde ich an Nicos langsame und bedächtige Schritte denken, welche uns stets zum genauen Zeitpunkt an die jeweiligen Tagesziele brachten. "Pole, pole" - langsam, langsam. Wer sich nicht daran hält, wird den Gipfel des Kilimandscharo nicht sehen. Etliche Spitzensportler wie z.B.die Tennisspielerin Martina Navratilova sind es zu schnell angegangen und haben an der Wilhelmskuppe, wie der Kilimandscharo zurzeit von Deutsch Ostafrika hieß, das Handtuch geworfen und kapituliert. Das Problem ist nicht die technische Schwierigkeit, sondern die Höhe von knapp 6.000 Meter. Dazu beträgt die relative Höhe ab dem Kili-Airport 5.000 Meter, was sogar den Mount Everest toppt.
         
Diashow Kilimandscharo    
         
Starke Unterstützung erhalten wir von 42 fleißigen und stets gut gelaunt scheinenden Trägern, Köchen und Serviceleuten. Trotz in unseren Augen miserabler Bezahlung versprühen sie mehr Lebensfreude als mancher Geschäftsführer eines hiesigen Dax notierten Unternehmens. Hakuna Matata (Song) - easy come easy go, don´t worry be happy! Unsere Zelte stehen meist schon, wenn wir am jeweiligen Tagescamp ankommen und Salim wartet mit einem, dem Sarotti Mohr gleichenden Lächeln, im Esszelt mit heißem Tee und frischem Popcorn. Das 9er Team ist bereit zum Gipfelsturm und auch bereit, die letzten Reserven zu mobilisieren.

Wir sind bereits ordentlich akklimatisiert und haben uns 5 Tage Zeit gegönnt, um auf der langen Machame Route zum Barafu Basecamp auf über 4.600 Metern vorzudringen. Vorher trieben wir uns noch 4 Tage im Bereich des Mount Meru herum, der immerhin auch 4.566 Meter misst. Dort ging es zu Fuß mit unserem bewaffneten Ranger Jimmy an Giraffen und Pavianherden vorbei erst einmal durch den Arusha-Nationalpark.

Regenwald

Nach dem Aufstieg durch eine bizarr anmutende Regenwaldlandschaft mit bärtigen Fossilbäumen, die mich an Szenen aus den Filmen "Jurassic Parc" und "Avatar" erinnerten, bestiegen wir den Mount Meru und seinen kleinen Bruder, den Little Meru. In meinem Kopf werkelt eine ganze Brigade fleißiger Arbeiter, die mit ihren Presslufthämmern meine Schädeldecke von innen her traktieren. In dieser Höhe lauert die heimtückische Höhenkrankheit, die rasch zu einer Lungen- oder Gehirnembolie führen kann. Niemand weiß im Voraus, wie er sich in diesen Höhen fühlen wird.

Eine Großpackung Aspirin schafft etwas Erleichterung und stärkt den unbedingten Willen, auf den Uhuru Peak zu kommen! Mitternacht. Wir reihen uns in eine endlos scheinende, aus Stirnlampen bestehende Lichterkette ein. Der mit rutschiger Vulkanasche belegte Gipfelhang des Kilimandscharo ist steil, endlos und macht es uns nicht gerade leicht. Drei Schritte vor und einen gerutscht zurück! 1300 Höhenmeter in gut sechs Stunden. Die dünne, eisige Luft sticht in der Lunge, die Finger in den dicken Skihandschuhen sind bereits abgestorben.

Ich überlege, ob ich gleich kotzen soll, oder erst später. Ein Russe im weißen Tarnanzug beantwortet sich gerade vor mir diese Frage und befreit sich mit anregenden Würgegeräuschen vielleicht vom Wodka des Vortages. Tatsächlich hat tags zuvor eine große Gruppe aus Russland mit viel Nasdrowje, Wodka und Zigaretten im Barrancocamp auf 4.000 Metern Höhe schon mal den möglichen Gipfelsieg vorgefeiert. Nun hängt Ivan stark verkrümmt und leidend an einem Lavafelsvorsprung. Zar Putin hätte keine große Freude an seinem desolaten Anblick.

Mehrere schwarze Einpeitscher intonieren Stammestänze und verhindern erfolgreich, dass ich beim Aufwärtstorkeln einschlafe. Auch meine Teleskopstöcke leisten gute Dienste dabei, nicht einfach umzukippen und liegen zu bleiben. Es ist tierisch kalt und dunkler als schwarz. Nur ganz oben links erahne ich das Eisfeld des Arrow Gletschers und fröstle trotz dauernder Aufwärtsbewegung.

Eine apathisch wirkende Engländerin, mit im Schein einer Stirnlampe weit aufgerissenen Basedow-Augen erhält eine hohe Dosis Dianox-Tabletten, um damit und mit Helfern rasch den hoffentlich rettenden Weg in tiefere Gefilde antreten zu können. Es wäre hier ein guter Platz, um den Übergang von den Stirnlampenträgern zur Milchstraße anzutreten. Ein mystischer Platz, der mir lieber wäre als zwei Quadratmeter auf dem Nordfriedhof. Doch anscheinend ist es noch nicht so weit.

Fast schlagartig setzt die Dämmerung ein und kurz danach steigt golden die Morgensonne über dem Mawenzi auf. Die hohen Wände des Arrow Gletscher blenden meine, an die Dunkelheit gewöhnten Augen. Es wird eben und vor mir öffnet sich der gigantische, zweieinhalb Kilometer breite Reusch Krater mit Blick auf die, trotz Schmelze immer noch eindrucksvollen Eiswände der nördlichen und östlichen Eisfelder. Ich bin am Stella Point auf 5.740 Metern Seehöhe angekommen.

Meine Gruppe ist längst weg, da Nico plötzlich "Pole, pole" vergessen und zum Endspurt angesetzt hat. Wäre ich ihm gefolgt, hätte ich wahrscheinlich doch noch den Weg zur Milchstraße erfolgreich beschritten. Ein freundlicher, gut gebräunter Herr dreht mich behutsam in die richtige Richtung zum Uhuru Peak. Ich war schon wieder auf dem Heimweg! Meine Mädels und Jungs kommen mir vom Uhuru Peak, der noch 150 Meter höher liegt, entgegen und fallen mir um den Hals. Ich wanke auch noch wie im Drogenrausch zum Gipfelsiegfoto zum höchsten Punkt Afrikas auf 5.895 Metern hinauf. Wir haben soeben erfolgreich den höchsten frei stehenden Vulkan der Welt bestiegen.

Das Glücksgefühl des Gipfelsieges hält sich momentan noch in Grenzen. In meinem Kopf arbeitet geräuschvoll eine Umwälzpumpe, die Bronchien stechen und rasseln beim Einatmen. Die Finger sind absolut gefühllos und finden kaum den Auslöser meiner Kamera, die kalt wie ein Stück Trockeneis ist. Mit den letzten Zuckungen des Akkus schieße ich bei minus 17 Grad meine Gipfelfotos. Dank derer werde ich den Gipfelsieg dann in Ruhe zu Hause mit Schampus vor meinem PC feiern und genießen.

Gipfelfoto

Rupert will sich an einem lauschigen Plätzchen in der wärmenden Sonne auf knapp 6000 Meter zum Nickerchen in die Vulkanasche legen. Nichts wie runter! Heute noch immerhin 3000 Höhenmeter abwärts zur Freude von Knien und Oberschenkelmuskulatur. Zuerst im Basecamp auf 4.600 Metern eine knappe Stunde im noch stehenden Zelt abliegen und dann noch mal 1600 Höhenmeter runter bis auf 3000 Meter. Dort lässt es sich wieder gut schlafen und das Essen schmeckt wieder.

Eigenartigerweise hat keiner von uns große Probleme und müde sind wir alle trotz 13 Stunden massiven Trekkings am Stück auch nicht. Die Nacht im, auf 3.000 Metern gemütlich tief gelegenen Mweka Camp und für uns nun lauschig empfundene Nachttemperaturen um 0 Grad bringen rasch unsere Lebensgeister zurück. Wir haben es geschafft und ein gewaltiges Gefühl der Zufriedenheit durchströmt uns. Dieses Gefühl intensiviert sich noch nach dem Abstieg durch den Regenwald mit bis zu 10 Metern hohen Farnbäumen, einer warmen Dusche im gemütlichen Hotel in Moshi und einem in Butter gebratenen Filetsteak im "Salzburg Restaurant".

Vor uns stehen eine Menge zu tötender Bierflaschen der Marke "Kilimanjaro Lager". Es hat sich gelohnt, eine ganze Meute innerer Schweinehunde zu besiegen und fünf Klimazonen am Stück zu überwinden. Nun warten auf uns mit dem Tarangiri, dem Ngorogoro- und dem Lake Manjara Nationpark Naturschönheiten und Wildreservate der Sonderklasse. Hier setzte sich Bernhard Grizmek sein ewiges Denkmal! Aus nächster Nähe bekommen wir die "Big Five" vor unsere Fotoobjektive und übernachten im Luxus auserlesener Game-Lodges. Ein Abenteuer der Sonderklasse! Ich werde das nie vergessen! Jambo Kilimanjaro!
 

Kilimandscharo


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Text und Fotos: Bernd Schuster        
         
         
         
         


 

 

 

   
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