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Rund um den Bodensee

Lindau
Normalerweise fahren touristisch angehauchte Radler in einer Woche um den Bodensee. Dass es auch anders geht beweisen Timo und Lizzy, die mit Mountainbike und Rucksack in drei Tagen das „schwäbische Meer“ umrundeten.
Radweg
Radweg bei Kilometer 340km kurz vor Radolfzell
Wolkenfetzen der letzten Schauer ziehen gerade über Radolfszell, als wir unsere Bikes aus dem Kofferraum ausladen. Aus Zeitmangel wollen wir die rund 300 Kilometer um den größten See Europas in drei Tagen bewältigen und als Krönung der Tour noch den Rheinfall in Schaffhausen besuchen. Nicht touristische Aspekte sondern der Trainingseffekt und die Herausforderung einer Etappenfahrt stehen dabei im Vordergrund.
Basilika St. Georg
Das Reichenauer Münster auf der Insel Reichenau
Mit leichtem Rückenwind rollen wir uns locker ein und nach 20 Kilometern stehen wir vor dem Damm, der uns zur Insel Reichenau bringt. Auf der „Gemüseinsel“ nehmen wir den Uferweg – immer schön am Wasser entlang. Riesige Krautköpfe und überdimensionale Paprika säumen unseren Weg, der im Zickzack-Kurs um die Insel führt. An der Basilika St. Georg machen wir eine kleine Pause und schlendern durch den sehenswerten Kräutergarten.
Gemüse
Salatfelder auf der "Gemüseinsel" Reichenau
Zurück auf dem Festland ist Konstanz die erste größere Stadt die wir durchqueren. Entlang der schön angelegten Uferpromenade machen wir dem Verlauf des Sees eine Richtungsänderung und lassen danach die Insel Mainau rechts liegen. Von hier ab wird die Strecke anspruchsvoller und auch etwas profiliert. Kurze steile Rampen, wechseln sich mit tollen Blicken auf den Überlingersee ab. Hinter Liggeringen halten wir an einem Obststand an und erstehen eine Flasche mit frischem Bodenseeapfelsaft, der uns verbrauchte Kräfte wieder zurück bringt. Danach folgt eine Schussfahrt durch eine enge und kalte Schlucht hinunter nach Bodman. Hier sind dann die Temperaturen endlich wieder erträglicher. Über Sipplingen, Überlingen und Meerburg geht es nun immer weiter Richtung Osten. In Meersburg fallen uns die Menschenmassen auf, die die alte Stadt besuchen. Das ist nichts für uns, wir wollen Kilometer machen.
Füsse
Unterhalb der Barockkirche Birnau, die mehrere Meter über dem See thront, machen wir für heute einen letzten kurzen Halt. Erbaut wurde die Klosterkirche in der Zeit von 1747 bis 1750 von Peter Thumb als Architekt und Baumeister. Die Wallfahrtskirche St. Maria gehört heute zum vorarlbergischen Zisterzienser-Kloster Mehrerau.
Gänse
Gänsezucht bei Bodmann
Bei Immenstaad sind dann auch unsere Akkus leer und so suchen wir uns hier nach 123 Kilometern eine Unterkunft. In Gertis kleinem Restaurant verschlingern wir fast ausgehungert zwei halbe Hähnchen, zwei heiße Suppen sowie einen Salat und einen großen Teller mit Nudeln.
Am nächsten Morgen ist die Zeppelinstadt Friedrichshafen unserer erstes Ziel. Nach deren Durchquerung fahren wir durch ausgedehnte Apfelplantagen. Hinter Langenargen überqueren wir den Fluss Argen über eine imposante Brücke – der Kabelhängebrücke über den Fluss Argen.
Wer früher die Argen überqueren musste, hatte einen zweistündigen Umweg in Kauf zu nehmen. Die damals noch nicht regulierte und vielarmige Argen brachte zum Ende des Winters und nach einem Unwetter immer wieder verheerende Überschwemmungen, die eine sichere Überquerung des Flusses unmöglich machten.
Bahndamm
Radweg zwischen Romanshorn und Kreuzlingen, Schweiz
Lindau ist mit seiner Altstadt auf einer Insel immer eine Reise wert. Als wir über das holprige Pflaster rollen erschlägt uns hier fast die geballte Kultur. Fachwerkhäuser und der alte Hafen ziehen auch jede Menge Touristen an. Kurz nach Lindau überqueren wir die Grenze nach Österreich. Uns fällt auf, dass der Radweg nun sehr gut ausgebaut ist und so rollen unsere Bikes recht locker durch die Landeshauptstadt von Vorarlberg. Bei Rheineck überqueren wir den „alten Rhein“ und befinden uns nur wenige Radumdrehungen später in der Schweiz. Hier wirkt alles noch aufgeräumter und gepflegter als in Bregenz. Als erste größere Stadt bei den Eidgenossen erreichen wir Rohrschach. Die Geschichte von Rorschach geht bis auf die Alemannen zurück. Sie gründeten, nachdem sie die Römer besiegt und zurückgedrängt hatten, rund um den Bodensee neue Siedlungen. Im Frühmittelalter wurde das Dorf Rorscahun genannt.
Am See
Es ist später Nachmittag und die Sonne steht am wolkenlosen Himmel. Rechts der tiefblaue See und immer wieder mittelalterliche Städtchen und kleine Dörfer - Radlerherz, was willst Du mehr.
Nach Romanshorn verläuft der Radweg immer in der Nähe einer Bahnstrecke entlang, flankiert von herausgeputzten Häusern. In Kreuzlingen, nach 117 Kilometern finden wir, nachdem wir die Touristeninformation aufgesucht hatten ein Zimmer in einer Privatpension. Zu Fuß laufen wir nach einer heißen Dusche über die Grenze nach Konstanz um uns im Brauhaus zwei Riesenschnitzel zu genehmigen.
Ort
Historische Altstadt Stein am Rhein
Die letzte Etappe unserer Tour um den Bodensee führt uns entlang des Untersees. Gegenwind und dunkle Wolken trüben etwas den Fahrspaß. Nach 1,5 Stunden sind wir in Stein am Rhein. Hier entspringt der Rhein aus dem Bodensee.
Ort
Stein am Rhein, Schweiz
Bereits im 5. Jahrtausend v. Chr. war die Gegend am linken Rheinufer von Bauern und Fischern bewohnt. An der Wende zur neuen Zeitrechnung drangen die Römer in dieses Gebiet vor. Nach dem Rückzug der Römer besiedelten Alemannen Kastell und Umgebung. Im 6. Jahrhundert entstand an derselben Stelle die Kirche St. Johann, die wegen ihrer Lage innerhalb der Kastellmauern "auf Burg" genannt wird.
Grenzübergang
Grüne Grenze bei Diessenhofen
Von Stein aus nehmen wir den Radweg nach Schaffhausen um uns den Rheinfall anzuschauen. Auf dieser Strecke überqueren wir ständig die deutsch-schweizerische Landesgrenze. Nach Schaffhausen geht es dann nochmals heftig zur Sache. Der linksrheinische geschotterte Radweg hat am Ende 20 % Steigung. Nach bisherigen 300 Kilometern ist dies eine echte Herausforderung für uns.
Rheinfall
Rheinfall in Schaffhausen, Schweiz
Zurück in Stein erwarten uns nun die letzten Kilometer unserer Bodenseetour. Durch das Hegau genannte Gebiet geht es noch einmal im permanenten auf und ab durch Apfel- und Himbeerplantagen. Einmal können wir nicht widerstehen und verschlingen an einem Obsthof eine ganze Schale dieser süßen Früchte. Als wir gegen 18.00 Uhr in Radolfzell einrollen haben wir es geschafft. Nach genau 344 Kilometern und über 16 Stunden Fahrzeit haben wir das „schwäbischen Meer“ als Bodensee Express umrundet.
Kürbisausstellung
Kürbisausstellung im Hegau bei Gaienhofen
Im Wald
Pferd mit Freund
Text und Bilder: Timo Rokitta