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Von Kapstadt nach Windhoek                 <<       >>

Der Flug von Buenos Aires nach Kapstadt war ein Nachtflug, ich habe ihn fast komplett mit Lektüre verbracht, etwa sieben Stunden. Es war ein eher peinliches Versehen, dass ich mich aufgrund einer Empfehlung zu einem Hotel bringen ließ, das sich als sündhaft teuer herausstellte, ich musste aber, mangels einer Alternative, dort erst einmal einchecken. Der Jetlag hat dazu seinen Teil beigetragen, ich war wirklich müde und kaputt. Am nächsten Tag konnte ich mein Motorrad abholen, es war trotz äußerst mangelhafter Befestigung auf der Palette nicht umgefallen, glücklicherweise. Wiederum tags darauf hatte ich einen Platz in einem Hostel, was meiner Kasse im sündhaft teuren Südafrika wenigstens eine gewisse Entlastung gebracht hat.

Hier in Südafrika ist nun alles wieder anders: die meisten Menschen sprechen Englisch, dafür fahren alle wieder linksseitig. Ich habe  einige Schwierigkeiten, mich wieder darauf einzustellen. Der erste Eindruck: Kapstadt gefällt mir, es macht alles den Eindruck eines wohlhabenden Landes. Bis man die Stadtgrenzen überschreitet: plötzlich große Bretterbuden- und Wellblechbuden-Siedlungen, weitläufig, mit hohen Zäunen von den Schnellstraßen abgegrenzt. Auch in der Stadt wird man relativ schnell durch Bettler vom ersten Eindruck abgebracht.

Wichtigste Aktivität war zu Beginn, den neuen Reisepass zu beantragen beim Generalkonsulat (im bisherigen sind grade noch 3 Seiten frei). Auskunft: dauert 10 Wochen. Nach energischem Protest: vorläufiger Reisepass dauert 1 Woche. Nötige Unterlagen:

  • alter Reisepass
  • Passbild (farbig, Biometrie geeignet) - Identitätsdokument mit Fotokopie
  • Original-Geburtsurkunde, vollständig, mit Fotokopie. Auf meinen zaghaften Hinweis, dass doch der alte Reisepass ein Identitätsdokument und eine Geburtsurkunde nicht verfügbar sei, wurde darauf grosszügig verzichtet, weil ja die Heimatgemeinde der Ausstellung des neuen Reisepasses zustimmen müsse.

Nach einer Woche hatte ich den neuen, vorläufigen, grünen Reisepass.

Weiterer wichtiger Punkt auf der To-do-Liste: Rückgabe des Flugtickets (Johannesburg - Madrid), das ich mir unsinnigerweise in Buenos Aires kaufen musste, um überhaupt nach Südafrika fliegen zu dürfen. Also raus zum Flughafen, aber April, April. Die Rückgabe kann nur in Johannesburg erfolgen, weil Iberia keine Vertretung in Kapstadt hat. Ärgerlich, weil im Vergleich zur geplanten Route ein großer Umweg.

Der dritte Punkt war dann der Termin bei BMW, weil das Getriebe Öl verlor. Außerdem hatte ich, buchstäblich über Nacht, wieder Probleme mit dem Tacho. Eine eingehende Inspektion ergab: so etwas wie Marderbiss an der Tacholeitung. Kann ja gleich mit erledigt werden. Die Getriebereparatur war dann aufwendiger als erhofft, weil das Öl sowohl nach vorn als auch nach hinten austrat, also ein kompletter Ausbau erforderlich war. Damit auch wieder höhere Kosten (ca. 800 USD). Aber mit diesem Defekt wollte ich keinesfalls auf die Reise durch Afrika gehen.

Es gibt natürlich einiges zu sehen hier, neben der hübschen Innenstadt:

  • den Tafelberg (ich konnte ihn wegen meiner Knieverletzung von der Halbinsel Valdez in Argentinien nur mit der Seilbahn erklimmen und wieder verlassen) dominiert das Stadtbild und ist wohl auch für die Wetterabläufe maßgeblich. An vielen Tagen ist ein Besuch nicht möglich, weil entweder dicke Wolken auf dem Gipfelplateau liegen oder aber ein heftiger Wind den Seilbahnbetrieb verhindert oder sogar den Aufenthalt auf dem Plateau zu gefährlich macht. Schön anzusehen sind die Wolken trotzdem: sie wirken wie eine Zipfelmütze.

  • das Kap der guten Hoffnung (wird ja immer wieder als der Grenzbereich zwischen Atlantik und Indischem Ozean bezeichnet, was aber wirklich falsch ist, weil der sich ca. 100 - 150 km weiter östlich, an der südlichsten Stelle Südafrika's befindet. Kap der guten Hoffnung und Kapstadt sind noch auf der südwestlichen Seite Afrikas und ringsum vom Atlantik umgeben! Der Ausflug war aber trotzdem beeindruckend, ein gutes Erlebnis.

  • die Weinbau-Umgebung im Umkreis Kapstadts Ich bin nach Stellenbosch gefahren, habe mir dann aber die Besichtigung eines Weinguts mit anschließender Weinprobe erspart und bin eine Runde durch die nahen Berge gefahren, was weit mehr Spass gemacht hat.

  • die Waterfront, vielleicht ein bisschen vergleichbar der Hamburger Speicherstadt, mittlerweile ebenso touristisch verseucht wie diese (hat mir aber trotzdem gut gefallen, vor allem deshalb, weil es da eine Paulaner-Niederlassung mit Weissbier gibt!)

  • Robben-Island, die Insel, auf der Nelson Mandela 27 Jahre eingesperrt war. Die Insel liegt in der weiten Hafenbucht und ist gut sichtbar. Nach der Ankunft fällt die reichhaltige Tierwelt dort auf: Hasen, Strauße, Pinguine, Hirsche, Springböcke, Antilopen. Ansonsten sind natürlich die Gefangenentrakte zu besichtigen, wobei ein bisschen Authentizität dadurch entsteht, dass ehemalige Gefangene da sind, die vom damaligen Leben auf der Insel berichten.

Ich habe nun auch eine ganz neue Erfahrung gemacht: den (Versuch)eines Raubüberfalls.

Auf dem Rückweg von der Anlegestelle der Robben-Island-Fähre, es war schon dunkel, wurde ich auf einer breiten Straße, es waren aber nicht viele Menschen unterwegs, von zwei jungen Typen, der kleinere vielleicht 16, der größere vielleicht 18 - 20 Jahre alt, angegriffen. Der größere hielt mich von vorne fest, der kleinere versuchte, in meine rechte Hosentasche zu greifen. Den Griff konnte ich abwehren, der größere riss mich aber nach vorne, ich stürzte aufs Pflaster. Allerdings war das ein taktischer Fehler: es gelang mir, seine Beine zu umfassen und ihn auszuhebeln, sodass er zu Boden ging. Er rief dem anderen zu "go, go", der daraufhin davonlief. Leider konnte ich meinen Kontrahenten nicht festhalten, wir kamen beide wieder auf die Beine, ich konnte ihm, bevor er davonlief, noch einen ordentlichen Hieb ins Gesicht geben. Es war letztlich das einzige, was sie von mir bekommen haben. Ist ja auch eine kleine Genugtuung. Mir blieben dafür kräftige Abschürfungen an beiden Ellbogen und am rechten Knie.

Weil ich durch die Warterei auf das Zeltpaket viel Zeit hatte, bin ich natürlich viel Spazierengelaufen und habe dadurch die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten ganz gut kennengelernt. Herausheben möchte ich das alte Fort, heute praktisch in der Mitte der Stadt, sternförmig angelegt und heute Museum, interessant zu sehen. Außerdem das Museum im 6. Bezirk, in dem gezeigt wird, mit welcher Brutalität das Appartheit-Regime ganze Stadtviertel von Dunkelfarbigen "gereinigt" hat, die Häuser zerstörte und damit Platz für Weiße schuf. Die Menschen wurden in seelenlose Siedlungen am Stadtrand verpflanzt, wobei eine Trennung nach Hautfarbe erzwungen wurde. Dabei  kam es vor, dass Geschwister willkürlich unterschiedlich eingestuft und demzufolge die Familien auseinander gerissen wurden. Von der Brutalität des Vorgehens der Behörden kann man sich keine Vorstellung machen, wenn man nicht die Bilder und Videos (auch im Apartheit-Museum in Johannesburg) gesehen hat. Es traf alle: Frauen, Kinder, Männer, Alte und Junge.

Man kann nur mit größtem Respekt auf Nelson Mandela schauen, dem es gelungen ist, den Umbruch nach dem Ende der Apartheit ohne Ausbruch eines Gewaltrauschs zu steuern.

Die immer wieder wegen der Warterei auf das Paket verschobene Abreise brachte es mit sich, dass ich wegen vorliegender Buchungen innerhalb des Hostels öfters umziehen musste, meist zwar in Einzelzimmer, zwei- oder dreimal aber auch ins "dorm", also in den 8-Betten-Schlafsaal. Bei einem Umzug landete ich in einem Zimmer, in das offensichtlich der/die Vorgänger(in) Sandflöhe eingeschleppt hatte. Am nächsten Morgen war ich zerstochen wie seit Afghanistan nicht mehr. Diese Stiche sind sehr unangenehm und brauchen lange, um auszuheilen. Dass wegen dieser Umstände meine Stimmung gelegentlich fast depressiv war, ist sicherlich verständlich. Ein bisschen Dämpfung erfuhr der Frust dadurch, dass es eine deutsche Buchhandlung gibt, in der ich wenigstens den jeweils neuesten Spiegel kaufen konnte, einmal sogar die Süddeutsche.

Ein willkommene Abwechslung war auch, dass Sam, der Ire, den ich in Ushuaia kennengelernt hatte, auftauchte und wir nette gemeinsame Stunden verbringen konnten. Er hat Unterkunft bei einer Reisebekanntschaft gefunden, mit der wir dann einen Ausflug zur Küste nördlich der Stadt machen konnten. Zum Fisch-Essen. Köstlich. Wenn ich nur wenigstens einmal in Südamerika so guten Fisch bekommen hätte! Und dann, endlich, am 15.März: das Zelt ist da. Ich konnte es zwar erst am nächsten Tag abholen, aber die Weiterfahrt stand endlich vor der Tür. Diesen Tag habe ich, gleich um die Ecke bei "Rickis", mit zwei Erdinger Weißbier gefeiert. Einen weiteren Tag Verzögerung gab's dann doch noch: ich hatte Sam versprochen, mit ihm den St.Patrickstag zu feiern, das war ihm wichtig. Wir waren in einem irischen Pub, es war unglaublich turbulent und laut, dem beginnenden Besäufnis habe ich mich durch die Flucht ins Hostel entzogen.

Am nächsten Tag war denn an den Hügeln hinter dem Hostel-Stadtviertel ein großer Waldbrand zu besichtigen, was aber meinen Aufbruch am nächsten Morgen nicht verhindern konnte. Ich war volle vier Wochen in Kapstadt!

Entlang der Garden-Route bis Port Elizabeth und Johannesburg:

Die Fahrt ging zunächst durch die Weingegenden, dann in die verkarsteten Berge. Heftiger Wind und die Landschaft ließen schnell die Erinnerung an Patagonien aufkommen. Zwischenstation war Oudtshoorn. Die Gegend ist berühmt für die dortige Straußenzucht. Ich habe Farmen mit mindestens 1000 Tieren gesehen. Zelt im Garten des Hostel.

Ich habe mir einen Zwischentag gegönnt, um über den Swartbergpass zu fahren, nach langer Zeit wieder einmal ein Schotterpass mit recht anspruchsvoller Strecke. Landschaftlich abwechslungsreich und reizvoll.Tags darauf weiter, jetzt entlang der Küste mit gelegentlichen Ausblicken auf den Indischen Ozean, vor allem aber immer wieder mal durch grüne Landschaft, oft mit Wäldern durchsetzt, meist aber doch durch karstige Bereiche. Durch die überwiegend bergige oder hügelige Struktur hat das Fahren grossen Spass gemacht. Die Strecke führte über zwei harmlose und zwei knackige Pässe.

Am Nachmittag traf ich in Jeffreys Bay ein, einem touristischen Höhepunkt: es soll dort mit die besten Surfwellen weltweit geben. Ich hatte mich in einem Hostel oberhalb der Küste mit freiem Blick auf den Ort und das Meer eingemietet, Zelt ebenfalls im Hostel-Garten. Der sportlichen Umgebung entsprechend war das Publikum recht jung,  was sich dann in der Nacht auswirkte: bis 2.00 Uhr früh war Party angesagt, laute Musik, Lachen, Schreien, Bongo-Spielen - und die Betreiber hatten nichts dagegen, Beschwerde zwecklos. Um einen Ausgleich zu schaffen, ging der Lärm morgens ums 6.00 wieder los. Ich wäre, auch wenn ich einen längeren Aufenthalt vorgehabt hätte, am nächsten Morgen abgereist.

Hier ist nun eine Anmerkung zu meinem neuen Zelt fällig: Es ist kein würdiger Nachfolger des Zelts, mit dem ich gestartet bin und das ich leider in Argentinien aussondern musste. Einerseits ist es, wie die Zwischenlösung in Argentinien, in Iglu-Form gebaut und bietet bei Regen nicht den geringsten Schutz gegen Eindringen des Wassers ins Zelt, wenn man aus- oder einsteigt. An drei Seiten ist es geschlossen, mit Ausnahme von zwei mittleren Zwangsbelüftungen, was dazu führt, dass sich auf der Innenseite des Überzelts in feuchten Nächten massiv Kondenswasser bildet. Es dauert lange, bis die Feuchtigkeit soweit reduziert ist, dass man das Zelt abbauen und einpacken kann.

An der Unterseite des Überzelts sind ringsum breite gelbe Lappen angenäht, die den Schnee abhalten sollen (es ist ja schließlich ein Expeditionszelt!), die aber, auch wenn man sie hochbindet, die Luftzirkulation zusätzlich erschweren. Höhepunkt allerdings war, als ich nach einer Regennacht mit nassen Füßen aufwachte, weil im Firstbereich an den Nähten Wasser eindringt. Mittlerweile habe ich Silikonspray aufgetrieben, mit dem ich hoffentlich die Nähte abdichten kann.

Die Fahrt führte durch abwechselnde Landschaften (Karstberge, karge Ebenen, manchmal saftig grüne Täler, Buschland) nach Queenstown, Richtung Norden, Johannesburg. Durch dreimalig falsche Auskunft  musste ich einen Umweg von knapp 100 km in Kauf nehmen, kam aber doch noch vor Einbruch der Dämmerung an. Allerdings gibt's dort keinen Campingplatz, auch kein Hostel, sodass ich in einem teueren B+B (Bed an Breakfast) nächtigen musste. Es liegt außerhalb der Stadt, ich wurde zum Abendessen in die Stadt gebracht und auch wieder abgeholt.

Wieder einige kleinere Pässe.

Auch in diesen Gegenden ist freies Campen zwar grundsätzlich zugelassen, praktisch wegen der Stacheldrahtzäune aber unmöglich. Die Weiterfahrt nach Blomfontein bot keine besonderen Höhepunkte, mit Ausnahme der Tatsache, dass es viele langgezogene Baustellen gab und in einem kleinen Nest ernsthafte Schwierigkeiten waren, das einzige Restaurant für eine Mittagspause zu finden.

Dann die Fahrt nach und durch Johannesburg, wo ich mich in einem Hostel in Flughafennähe einquartierte, Zelt im Garten, wie gehabt. Die Startbahn war nicht weit, aber glücklicherweise wenig Nachtflüge. Ich war am Samstag angekommen, konnte also wegen des Flugtickets nichts unternehmen. Also bin ich am Sonntag in die Innenstadt gefahren und ins Apartheit-Museum gegangen. Ich habe mich schon lange nicht mehr so lange in einem Museum aufgehalten und war auch schon lange nicht mehr so beeindruckt. Die Darstellung ist sehr fair, sehr sachlich. Man verlässt das Museum sehr beeindruckt, auch bedrückt und fragt sich, wie sich Menschen so etwas antun können. Über die Brutalität kann man sich keine Vorstellung machen! Es kommt für mich einem Wunder gleich, wie diese Gesellschaft den Umschwung ohne Gewaltexplosion geschafft hat!

Ich wiederhole mich ganz bewusst: in welchem Ausmaß, in welchem Umfang die Europäer die Eroberung der Welt mit Massenvernichtung,  Mord, Totschlag und Vertreibung betrieben haben, wird bei uns verschwiegen und mit einer Verherrlichung der Eroberer übertüncht. Der Grund, warum ich nach Johannesburg gefahren bin, war ja das leidige Flugticket. Den Ablauf habe ich ja schon geschildert. Irgendwann war dann die Abreise möglich, Johannesburg als Stadt hat mich nicht besonders beeindruckt. Allerdings habe ich im Hostel wieder eine Reihe netter Menschen kennengelernt, unter anderem ein schweizer Paar aus der Umgebung von Bern. Walter hat mich mit seinem Leihwagen durch Johannesburg kutschiert beim ersten Versuch, das Ticket loszuwerden. Allerdings gab's dazu auch die Kehrseite: erstmals wurde mir in einem Hostel mein Lebensmittel-Vorrat aus dem Kühlschrank geklaut. Auch eine solche Erfahrung muss man wohl machen.

Ich bin dann aufgebrochen Richtung Namibia, aber nicht sehr weit gekommen: gegen Abend war ich wieder an altvertrauter Stelle, im Hostel. Was war geschehen: schon beim Start fiel mir auf, dass der Motor nicht sauber läuft, es hat sich verschlimmert, bald lief er nur noch auf einem, dem linken Zylinder. Ich bin dann zu einer BMW-Werkstätte gefahren, aber nicht ohne vorher an einer Ampel von einem Einheimischen nachdrücklich aufgefordert worden zu sein, auf keinen Fall mein Motorrad irgendwo abzustellen – das Gepäck wäre dann im Nu geklaut.

Zwei "alte Hasen" der Zweizylinder-Maschinen haben sich meines Motors angenommen, der Schaden war schnell lokalisiert: der rechte Kerzenstecker war kaputt. Aber, leider, kein Ersatzteil vorhanden, kommt frühestens in drei Tagen. Einer der beiden ist dann in seiner Mittagszeit losgezogen und hat Materialien für eine Notlösung besorgt, ich konnte also wenigstens wieder zum Hostel zurückfahren. Dem guten Mann habe ich aber erkennbar leid getan, er hat mir angeboten, die Materialien für den erforderlichen Austausch zu besorgen und am Abend, spätestens am nächsten Morgen zum Hostel zu kommen und den Schaden zu beheben. Er kam am nächsten Morgen um 8.30 Uhr, es war Samstag, sein freies Wochenende. Eine Stunde später konnte ich meine Reise fortsetzen. Geld hat er keins genommen, aber ich hatte ihm eine Flasche guten Rotwein besorgt.

Von Johannesburg nach Namibia / Windhoek

Der Fahrtag war nicht mein bester. Wegen einer Erkältung hatte ich schlecht und unruhig geschlafen, häufig gehustet. Die Fahrt durch Johannesburg war problemlos, die Durchgangsstraßen sind alle nummeriert, man kann sich gut orientieren. Leider wird das System in den Außenstädten sehr lückenhaft und unvollständig angewendet, man kann sich auf die durchgehende Nummerierung nicht mehr verlassen. Prompt bin ich einer falschen Nummerierung gefolgt mit dem Ergebnis, dass ich 80 km Umweg gefahren bin.

Am frühen Nachmittag haben mich mehrere Gewitter umzingelt, ich konnte beeindruckende Kaskaden von Blitzeinschlägen beobachten. Ich hatte Glück, die Straße führte zwischen zwei Fronten durch, musste also nicht irgendwo unterstehen. Der Ort der Wahl für die Übernachtung heißt Delareyeville, wo sich die Quartiersuche zum Stress auswuchs: kein Camping, kein Hostel, nur teure B+B-Häuser, die ersten drei davon ausgebucht, bei zwei weiteren niemand da, das sechste wurde dann, es war schon dunkel, eigens für mich aufgemacht, aber nur ein B, das Breakfast wurde gestrichen. Das war nicht allzu schlimm, ich frühstücke sowieso nicht.

Die nächste Station war dann Upington, die letzte Stadt in Südafrika. die Landschaft wechselte langsam wieder zu Steppe, der Verlauf der Straße war ziemlich gradlinig. Es gibt nichts besonderes zu berichten. Außer vielleicht, dass auch hier die Quartiersuche schwierig war, weil man mir den großen öffentlichen Campingplatz auf einer Insel im Fluss aus Sicherheitsgründen nicht empfehlen wollte. Ich bin dann trotzdem dort gelandet und fand das Areal und meine Nachbarn ausgesprochen sympatisch und angenehm. Am nächsten Tag 136 km bis zur Grenze nach Namibia:

  • Ausreise Südafrika: Stempel, Stempel, Nachkontrolle, weiter.
  • Einreise Namibia: Stempel, 100 Rand = 14,50 USD Eintrittsgebühr, kein Carnet nötig, weiter.

Die Abstände zwischen den Ortschaften sind 100 - 150 km, dazwischen kaum mal Anzeichen menschlichen Lebens, kaum Landwirtschaft. Insgesamt war es mit 469 km wieder mal eine lange Tagesetappe, bis ich in Keetmanshoop eintraf. Ich hatte mich wieder ganz gut ans Gradeausfahren gewohnt, Abwechslung boten die weißen Wolken und Wölkchen, die im tiefen, blauen Himmel segelten und so der Landschaft etwas Abwechslung verliehen. Außerdem tauchten, für mich überraschend, wieder mal die einige klassische Vulkankegel auf, wenn auch nicht so hoch wie in Indonesien.

Irgendwo auf halber Strecke tauchte eine langgezogene Bergkette auf, die im Tagebau schon beträchtlich an Höhe verloren hat. Was dort abgebaut wird, blieb mir verborgen. Während der langen Fahrt habe ich mir noch einmal den Aufenthalt in Südafrika durch den Kopf gehen lassen. Es ist schon interessant, wie sehr man durch die ständigen Warnungen, den versuchten Überfall in Kapstadt, die täglichen Presse-, Rundfunk- und TV-Meldungen verunsichert wird!

Windhoek

Die Fahrt-Etappe war mit 499 km nochmal länger als die tags zuvor. Es gibt davon wenig zu berichten, vielleicht mit der Ausnahme, dass hier in Namibia der Verkehr noch dünner ist als in Südafrika! Diesmal war der Abstand zwischen zwei Ortschaften am Weg 230 km gross. Naja, und irgendwo in der Steppe saß plötzlich ein Affe auf der Straß. Ich wohne hier wieder in einem Hostel und habe mein Zelt in einem sehr kleinen, sandigen Eck aufgebaut, ansonsten ist es ein angenehmes Hostel mit sehr freundlichen und bemühten Mitarbeitern, großzügigen Gemeinschaftsräumen, gut sortierter Küche, überdachten Essensplätzen, Swimmingpool mit Bar, man kann sich wohlfühlen.

Am ersten Abend bin ich früh ins Zelt gekrochen, aber um 22.30 Uhr wieder raus, ich hatte Durst. Ich saß dann vor der Küche und habe mindestens 1 1/2 bis 2 Liter Wasser getrunken, ohne danach nächstens raus zu müssen. Ich bin hier wieder im wüstenartigen Hochland, durch den Fahrtwind und die Trockenheit war ich stark dehydriert. Man merkt hier das deutsche Erbe an allen Ecken und Enden. Häufig wird man, bevor man selbst etwas gesagt hat, schon auf deutsch angesprochen. Erstmals ist mir das bei der Mittagspause in Rohotop passiert, wo mich der Kneipier sofort deutsch begrüßte.

Im Hostel habe ich Frauke und Robert aus Wesel kennen gelernt, sie fahren mit zwei Suzuki DR 650 um die Welt, allerdings auf einer kürzeren Route als ich. Sie sind auf dem Rückweg nach Europa wie ich, sodass sich vielleicht das eine oder andere Stück gemeinsamer Fahrt ergibt. Die beiden haben mich gleich mit einer erfreulichen Nachricht überrascht: am Tag darauf tritt die Biermösl-Blosn in Windhuk auf. Natürlich habe ich mir sofort eine Karte besorgt. Es war ein ausgesprochen vergnüglicher Abend!

Windhoek hat eine kleine, übersichtliche und nette Innenstadt, mit Einkaufspassagen und einigen Sehenswürdigkeiten aus der kurzen Historie der Stadt - die ich mir aber erst noch anschauen muss. Vorrangig war mir dieser Reisebericht, sodass ich viel Zeit in einem Internet-Cafe verbracht habe, um ihn zu schreiben. Weitere Erzählungen folgen also mit dem nächsten Bericht.


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