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Argentinien Teil 4                                            <<       >>

ALLGEMEINES

Beim Nachdenken über die zu Ende gehende Südamerika-Etappe sind mir noch einige Beobachtungen eingefallen, die ich nicht unterschlagen will, außerdem möchte ich dem üblichen Berichts-Einerlei noch etwas Würze hinzufügen.

Landschaft(en)

Die restliche Reiseroute führte über die Ruta 3, mit Abstechern, von Ushuaia nach Buenos Aires.

Während die Fahrt nach Süden, über die Ruta 40, an der Westseite Argentiniens, meist in der Nähe der Anden/Cordilleren, durch oft abwechslungsreiche Landschaft führte, ist der Weg nach Norden im Osten sehr eintönig. Nach 130, 150 km hat man die bergige Landschaft im Süden von Feuerland hinter sich, es herrscht wieder die große Weite der patagonischen Steppe vor. Gelegentlich mal ein Höhenzug oder einige Wellen und Hügel, ansonsten karge Vegetation in kaum belebter flacher Landschaft. Das ändert sich erst verhältnismäßig kurz vor Buenos Aires, einige hundert Kilometer davor, wo die Steppe allmählich übergeht in landwirtschaftlich nutzbare Ebenen. Die Guanacos, Nandus usw. sind verschwunden, auch Schafe gibt es nur noch vereinzelt, dafür große Felder mit Getreide, Gemüse, Sonnenblumen. Die Getreidefelder sind meist schon abgeerntet um diese Zeit, ein intensiver Duft der Ernte liegt in der Luft. Auf den abgeernteten Feldern sind oft größere Herden von Rindern, die die Reste abgrasen. Man sieht jetzt auch öfter Farmhäuser links und rechts in der Landschaft.

Wege, Straßen und Verkehr, Tier und Mensch

Völlig vergessen habe ich einen Abstecher, nämlich den zur Punta Tombo. Dort gibt es eine große Kolonie von Maghellan-Pinguinen, es sollen mehr als eine halbe Million dort nisten. Es macht immer wieder Spass, diese Tiere mit ihrem Watschelgang zu beobachten, man kann durch ihr Nist-Revier auf vorgegebenen Wegen spazieren, selbst der Nachwuchs lässt sich durch die Menschen nicht irritieren. Die Eltern teilen sich die Pflege und Aufzucht, nach dem Wechsel am Nest (meist Erdhöhlen, überwiegend unter Büschen und Sträuchern), geht der abgelöste Partner zum Strand, um zu fischen. Es gibt also immer regen Verkehr zwischen den Nistplätzen und dem Wasser.

Was mir immer wieder auffällt, sind die Salzseen und Salz-Tümpel, so auch auf der Ruta 3 nach Norden. Während der Regenzeit sammelt sich dort Wasser, das aus der Erde die salzigen Mineralien löst, nach der Verdunstung bleibt eine weiße, immer dicker werdende Salzschicht übrig.

Bei der Fahrt ist, unabhängig von der Temperatur, immer das gleiche Schauspiel zu beobachten: entgegenkommende Fahrzeuge werden durch Luftspiegelungen erst bizarr verzerrt, oft scheinen sie hoch über dem Boden zu schweben, bis sich mit der Annäherung allmählich die Konturen abzeichnen und man erkennen kann, ob es sich um einen Bus, einen LKW, einen PKW oder ein Motorrad handelt.

Sowohl auf Feuerland als auch auf der Fahrt nach Norden, bei Rivadavia vor allem, sieht man Ölförderpumpen in der Landschaft, die mit ihrem Auf und Ab signalisieren, dass Argentinien recht gut mit Rohöl gesegnet ist. Die Spritpreise sind zwar deshalb auch nicht besonders niedrig, aber doch deutlich unter denen in Europa. Durch staatliche Subvention im Süden Patagoniens etwa 30% niedriger als im übrigen Land, dafür sind, durch die langen Transportwege, dort die übrigen Preise sehr viel höher als sonstwo in Argentinien.

Während der Wartezeit auf den Flug nach Südafrika habe ich noch einiges unternommen, um die Besonderheiten des Tango-Landes zu erkunden.

Da war einerseits der Ausflug in die Vorstadt Boca, in der die bekannte Fussball-Mannschaft Boca Juniors mit ihrem Stadion beheimatet ist, dazu gibt's ein Touristenviertel mit bunt bemalten Häusern, in dem die sogenannten (Verzeihung!) Tango-Huren scharwenzeln, gekleidet im Stil der grossen Tango-Zeit. Sie haben alle Tricks drauf, sich mit den männlichen Touristen fotografieren zu lassen, nur um dann einen unverschämten Obolus einzukassieren. Auch ich bin darauf reingefallen, habe aber den geforderten Preis halbiert und selbst das war, erkennbar an den Mienen, noch zuviel.

Wer in Bünos Aires ist, darf einfach nicht versäumen, einen Tango-Abend zu besuchen. Ich bin mit einigen anderen Motorrad-Reisenden in ein Theater gegangen, wo eine ausgezeichnete Ballett-Gruppe tänzerisch die Geschichte der Einwanderer erzählt hat, natürlich nach Tango-Weisen.

An einem weiteren Abend war ich in einem Restaurant, in dem eine neunköpfige Musikergruppe (3 Violinen, 3 Bandoneons, 1 Bratsche, 1 Bass, ein Piano) mit moderner Tango-Musik aufgetreten ist.

Ich habe beide Abende sehr genossen!

Ein Erlebnis der besonderen Art war der Versuch, mein Motorrad nach Kapstadt zu senden:

Ich hatte, aufgrund der Empfehlung in "horzonsunlimited" eine Agentur eingeschaltet, die im August letzten Jahres schon einen derartigen Transport organisiert hat. Meine Ankündigung war, dass ich ein Motorrad versenden wollte. Man braucht dann, um unnötig Komplikationen zu vermeiden, daneben noch einen "Customs Broker", also einen Laden, der die Zoll-Formalitäten erledigt, zusätzlich die "Verpackung" des Mopeds auf einer Palette.

Zur Vorbereitung dieser Aktionen muss man seinen Reisepass von der ersten bis zur letzten Seite (incl. der leeren!) photokopieren lassen, zusätzlich der Fahrzeugpapiere, und dann noch eine Bestätigung ausstellen, dass die Leute die Erlaubnis haben, das Motorrad zu versenden. Das Ganze muss von einem Notar beglaubigt werden. Fahrt zum Flughafen (immerhin ca. 50 km), dort die große Überraschung: ich wollte meine Packtaschen am Motorrad lassen.

Bedauernd: so geht das nicht, dafür brauchen wir eine getrennte Erlaubnis für "persönliche Güter", selbstverständlich einen weiteren Satz von Reisepass-Kopien sowie eine Liste, was denn die "persönlichen Güter" darstellen, selbstverständlich wieder beglaubigt von einem Notar. Wartezeit zu Klärung dieser Formalitäten ca. 3 1/2 Stunden.

Jede dieser Beglaubigungen kostet rund 50 Euro. Außerdem musste ich meine Abreise um 4 Tage verschieben. Es versteht sich von selbst, dass damit auch der Frachtpreis um mehr als 30% angestiegen ist: es waren ja plötzlich 6 Gepäckstucke mehr - auch wenn die weiterhin am Motorrad befestigt waren!

Also wieder Fahrt zum Flughafen, diesmal tatsächlich in die Abfertigungshalle, wo nach ca. 3 Stunden sogar schon die Abnahme durch eine Dame vom Zoll erledigt war: eher ein Witz! Jede Packtasche aufmachen, ein kurzer Blick, erledigt. Einziger Minuspunkt: der Stempel ins "Carnet de Passage" wird erst 3 Stunden vor dem Abflug erteilt, was bedeutet, dass man von dem Passagier-Terminal noch mal zum Cargo-Terminal laufen muss, um das Carnet abzuholen.

Noch Fragen?

Noch einige Beobachtungen:

  • Die verquere Sicherheitslage ist offenkundig: viele Läden sind massiv vergittert, der Kunde wird nur durch eine kleine Öffnung bedient. Internet-Cafes und sonstige Einrichtungen werden entweder von bewaffnetem Sicherheitspersonal bewacht oder nur nach Klingeln von innen geöffnet. Viele Leute erklären einem, dass sonst der Einzug fälliger "Gebühren" durch die Pistole an der Schläfe erzwungen wird.

  • Die Verarmung der Bevölkerung ist offenkundig nach den Wirtschaftskrisen der vergangenen Jahre, man sollte nicht glauben, was sich viele Menschen einfallen lassen, um wenigstens eine paar Pesos zu verdienen.

  • Zum Thema Umwelt ist noch anzumerken, dass es großen Spass macht, leere oder halbleere Plastikflaschen auf die Straße zu werfen, weil das so schön kracht, wenn die Autos drüber fahren.

  • Zu meinen besonderen Vergnügungen gehören die Geräusche, die einem das Trommelfell strapazieren, weil es Volkssport ist, die normalen Auspuffanlagen an Autos und Motorrädern zu manipulieren oder auszutauschen, was infernalischen Lärm verursacht, allerdings mit dem, wahrscheinlich ungewollten, Nebeneffekt, dass man dann keine Hupe braucht, um auf sich aufmerksam zu machen.
  • Das bedeutet aber nicht, dass die Hupe überflüssig ist! Die braucht man nämlich, wenn man im Stau oder an der Rotampel steht und verständlich gemacht werden will, dass die Wartezeit nun schon lange genug dauert. Einer fängt an und die meisten anderen machen ganz schnell mit.

  • Man erkennt vielerorts, dass Argentinien ein Einwanderungsland ist. Es gibt überall Orte oder Stadtteile, wo noch die Herkunftsprache gepflegt wird, in Bünos Aires gibt es einen deutschsprachigen Rundunk im Internet. Vergnüglich die Sprachfärbung und die volkstümliche Musik, die man bei uns kaum noch hört.

  • Auch noch zu vermerken, vielleicht als fälliger Ausgleich zu den Mendoza-Erzählungen:
    In Buenos Aires gibt es eine erstaunliche Anzahl von Männern, die, vermutlich von den vielen Asado-Essen, gewaltige Bäuche mit sich rumschleppen, teilweise so voluminös, dass der Rettungsring, sehr schwappelig, weit über den Gürtel nach unten hängt. Dank der Kleidermode kann man diese wunderbaren Erscheinungen in ihrer ganzen Schönheit gut erkennen.

  • Ein Gegenentwurf dazu - und das ist jetzt wirklich nicht böse gemeint! - sind die schwangeren Frauen, die hier recht zahlreich sind, die offenkundig mit Stolz ihren Bauch zeigen, auch hier dank der Mode meist nackt, zu kurze Bluse oberhalb und tiefsitzende Hose oder Rock unterhalb.

Es gibt halt immer noch Neues zu erleben.

Persönliches

Motorradfahrers Wiegenlied

Liebe Lesergemeinde,

manchmal gibt es Überraschungen! Zum Beispiel die, dass neben meinen vielen, allseits bekannten Talenten, neue, bisher unbekannte in mir aufbrechen. So konnte ich in den vielen Stunden einsamen Dahinfahrens in mir das Talent zum Liedermacher entdecken. Ich möchte Euch eine (erste) Kostprobe nicht vorenthalten.

Mangels eines Notenbüchleins habe ich, was die Melodie anbelangt, eine Anleihe beim deutschen Volksliedgut genommen. Leider hat mein eigener Text das Original in meinem Gedächtnis total überlagert, sodass ich dieses nicht nennen kann. Es ist aber angesiedelt irgendwo zwischen Ännchen von Tharau und den zwei Königskindern. Nach meiner Rückkunft werde ich versuchen, den Originaltitel ausfindig zu machen.

Bevor ich nun den zu Herzen gehenden Text publiziere, möchte ich noch darauf hinweisen, dass ich darauf selbstverständlich das Copyright beanspruche, ebenso wie auf sich anbietende Variationen, von denen ich eine gleich selbst mit anfüge. Jeglicher Gebrauch zu gewerblichen Zwecken bedarf meiner ausdrücklichen Zustimmung.

Hier nun also der Text:

"Er hat die Kurve geschnitten,
es war das erstemal,
er hat nicht lange gelitten,
beim letzten Sonnenstrahl"

Mögliche Variation:

"Er hat die Kurve geschnitten,
es war das letztemal...."
usw.

Natürlich möchte ich niemanden verschrecken, aber ganz selbstverständlich könnte es möglich sein, dass ich mich mit weiteren Geistesblitzen melde, sollte mich der Genius Locus wieder einmal überfallen.

Der besondere Vermerk:

Spruch am Kühlschrank der Unterkunft: (Übersetzung aus dem Englischen)

Der Himmel ist da, wo die Polizei englisch ist,
die Chefs italienisch,
die Mechaniker deutsch,
die Liebhaber französisch,
und das alles organisiert von den Schweizern.

Die Hölle ist da, wo die Polizei deutsch ist,
die Chefs britisch,
die Mechaniker französisch,
die Liebhaber Schweizer,
und alles organisiert von Italienern.

Hinweis:
Einsprüche gegen diese besonderen Vermerke sind hochwillkommen
und werden nicht berücksichtigt!

Das also war's, abchließend, aus der Argentinien/Südamerika-Etappe.


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