300 Kilometer zur Oma

Radabenteuer eines

11-Jährigen mit Papa

Von Thomas Bergmann

Paul verschlägt es eigentlich nicht so schnell die Sprache. Dieses Mal schon. Vor Kurzem haben wir überlegt, wie wir die Sommerferien verbringen wollen.

"Lass uns zur Oma fahren", mein Vorschlag. "Aber das machen wir doch immer", kam als Antwort. "Ja, aber lass uns mit dem Fahrrad fahren". Schweigen und dann "das geht doch gar nicht"…

Komoot vs. zwei Meter Landkarte
Doch, es geht. Dienstag, den 13.08. sind wir einfach losgefahren. Sieben Tage haben wir geplant. Wir werden es in vier schaffen. Wir verlassen die Stadtgrenze München, und merken, dass genau jetzt das Abenteuer beginnt.


Fast die ganze Strecke von knapp 300 km werden wir auf Radwegen unterwegs sein. Zwar haben wir Komoot auf dem Handy installiert, aber wir nutzen eine echte Landkarte. Macht irgendwie mehr Spaß, immer wieder umzuklappen und das Ziel zwei Meter rechts zu sehen. 

Neben vielen kleinen Dörfern und Ortschaften, wie z.B. Schöngeising, Moorenweis oder Kaltenberg, erleben wir schon am ersten Tag vor allem Wälder, Felder, Wiesen, Forst- und Schotterwege und kleine, leere Straßen. Als wir schließlich den Lech überqueren und in Schwabmünchen ankommen, erkennen wir stolz, dass aus den geplanten 30 km knapp 70 km geworden sind. Spaß am etwas Neuem als Antrieb. 

Wie auch an den kommenden Tagen nehmen wir uns ein kleines Hotel. In Schwabmünchen ist es das Deutschenbauer, sehr empfehlenswert, vor allem das Frühstück ist unschlagbar.

Hiltenfingen und Mittelneufnach, Alets-, Walten- und Ebershausen, Mindel und Iller.

Am zweiten Tag tauchen die ersten Hügel auf, wir schieben ab und zu und freuen uns auf die Abfahrt danach. So geht's dahin, bergauf, bergab, durch Wälder, über Wiesen, über Bäche und kleine Flüsse, durch Dörfer und Ortschaften mit lustigen Namen. Bis auf ein kurzes Stück Landstraße radeln wir auch heute nur auf Radwegen. Autos sehen oder hören wir in der Ferne, bzw. unter der Autobahnbrücke, als wir Illertissen erreichen. In der ersten Gaststube fragen wir nach einem Zimmer und werden an den Illertisser Hof verwiesen. Ein schickes Designhotel. Genau das Richtige nach 68 km im Sattel.

Tagesziel Donau
Der leichte Regen am Morgen macht uns nichts aus. Dafür kämpfen wir heute mit reichlich Gegenwind. Obwohl wir streckenweise gefühlt überhaupt nicht vorankommen, lassen wir Regglisweiler, Weihungszell, Orsenhausen, Rot, Bühl, Laupheim, Rißtissen und Griesingen hinter uns.

Das Highlight des heutigen Tages ist schließlich ein ausgiebiges Bad in der Donau bei Nasgenstadt, der perfekte Badeplatz unter einer imposanten Burg.

Über Rottenacker, Munderkingen, Untermarchtal, Rechtenstein und Dattenhausen erreichen wir nach knapp 70 km Zwiefalten und den Gasthof Post. Ein einfaches Hotel, das einzige im Ort.

Die Schwäbische Alb: zwei Stunden schieben für 20 km bergab fahren.
Zwiefalten ist bekannt für sein Bier und sein Münster. Das Bier gab´s am Abend, heute das Münster, wirklich beeindruckend. 

Gleich zu Beginn der letzten Etappe nach Hechingen erwartet uns der erste Aufstieg nach Gauingen, gefolgt von ein paar ebene Strecken über Tigerfeld, Pfronstetten, Wilsingen und Mägerkingen und einem noch steileren Aufstieg zum Kloster Marienhof.

Oben erwartet uns ein tolle Hochebene und eine 20 km lange Abfahrt. Über Gauselfingen, Burladingen, Hausen, Starzeln, Jungingen und Schlatt düsen wir bergab nach Hechingen. Wir sind bei der Oma angekommen. 

Was für ein Erlebnis vor der Haustüre
Knapp 300 km mit dem Fahrrad, um die Oma zu besuchen. Für mich war es eines der schönsten Erlebnisse, für Paul auch. Erst war er sprachlos, heute erzählt er pausenlos davon. Seinen Freunden, den Lehrern. Alle staunen, klar, wir auch. Aber mal ehrlich, was sich nach großem Abenteuer anhört, ist in Wirklichkeit so einfach. Sachen packen, Räder checken und einfach losfahren. Es beginnt direkt vor der Haustüre. Man muss ein einfach machen und kann ein Leben lang davon erzählen: mit dem Rad zur Oma und zurück mit dem Zug.

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