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Sumatra                                             <<       >>

Liebe Nordlichter!
Ja, diese Anrede müsst Ihr Euch gefallen lassen: Ihr habt mich verloren, an den Süden, na ja, nicht endgültig, aber zumindest für einige Zeit! Ich habe in Bunjol auf Sumatra den Äquator überschritten/-fahren. Das war ein guter Moment für mich! Ich habe mir überlegt, die Struktur meiner Berichte etwas zu ändern in der Form, dass ich zunächst meine allgemeinen Eindrücke von Land und Leuten zusammenfasse, um dann die einzelnen Reiseabschnitte im Detail zu schildern. Ich lass' mich selber überraschen, was dabei rauskommt. Für den allgemeinen Teil dürft Ihr keine besondere Gliederung erwarten, ich schildere das so, wie es mir einfällt. Zunächst aber ist, wie immer, die Schilderung fällig, wie ich hierher gekommen bin.

In Malakka waren mehrere Tage unfreiwilliger Wartezeit angesagt, weil der Vorteil, mit der Kombination Cargoboot (Motorrad) und Fähre (Fahrer) viel Geld zu sparen (statt regulärem Schiffstransport von Port Klang aus + Fähre für mich) mit dem Nachteil verbunden war, dass die Cargoboote nur nach Bedarf, also wenn genügend Fracht gegeben ist, auslaufen. Erschwert wird die Situation dadurch, dass die Zollbehörden auf beiden Seiten sehr harsch sind bei dem Thema Schmuggelware, was das Füllen der Boote natürlich verzögert - kein Bootsführer riskiert derzeit seine Existenz.

Es war immer wieder die Rede, dass ein Boot fahren wird, aber kein Termin feststeht. So kam ich nach mehreren Tagen der Unsicherheit nach einem weiteren Museumsbesuch ins Guesthouse zurück und wurde mit der Nachricht überrascht: Sofort Motorrad zum Hafen XY (ca. 30 km entfernt) bringen, das Boot läuft heute Nacht aus. Also Gepäck sortieren, befestigen und los, geführt von einem Agenten, der bei der Sache geholfen hatte. Es lief alles ganz einfach: keine besonderen Kontrollen, ein kleiner Provinzhafen, Zoll- und Carnet- Abfertigung im Vorbeigehen, Motorrad über ein schmales Brett aufs
Cargoboot bugsieren, fertig, Rückfahrt zum Guesthouse im Auto.

Dort hat dann die Chefin mein Ticket für die Fähre besorgt, am nächsten Morgen gings mit dem Taxi zum Fährhafen. Wieder keine Probleme bei der Abfertigung, am Mittag war ich in Dumai/Sumatra/ Indonesien, wo das Motorrad schon beim Zoll auf mich wartete. Auch da keinerlei Probleme, Einreise-Visum wurde erteilt, Zollabfertigung incl. Carnet-Stempeln bald erledigt, aber dann: wir müssen jetzt zur Polizei, wegen Reise-Permit für das Motorrad. Das hat dann fast zwei Tage gedauert, weil die Genehmigung, mit dem Motorrad das Land zu bereisen, aus Jakarta erteilt werden musste. Diese wurde mir dann, in einer besonders feierlichen Zeremonie, vom höchsten Polizeichef vor Ort überreicht mit den besten Wünschen für eine gute Reise...

In diesem Zusammenhang möchte ich noch erzählen, dass ich natürlich in der Wartezeit öfters auf der Polizeistation war, mit stundenlangem Warten auf irgendwelche Aussagen, wobei ich sehr freundlich und bemüht von einem jungen Polizisten betreut wurde. Der eigentlich erwähnenswerte Punkt aber ist der, dass ich während der Warterei auf der Station wie ein Affe im Zoo das Objekt der Neugierde war, bestaunt von niedrigen und höheren Rängen ebenso wie von Typen, die wohl eher von der Straße kamen als aus Polizeikreisen. Wie auch immer: nach Überreichung des Permits war es zu spät für den Aufbruch an diesem Tag, es ging am nächsten Morgen weiter.

ALLGEMEINES

Sumatra ist die grüne Insel - Iren, die dorthin kommen, müssen Ihren Anspruch auf diesen Titel leider für ihr Land abgeben! Wenn ich irgendwo und irgendwie die Rede von der tropischen Fülle verstanden habe, dann hier! Es fehlen mir leider die Worte und die Fähigkeiten, das alles zu schildern! Wunderschön jedenfalls und für mich immer eine Freude fürs Auge sind die Blütenbäume, hochgewachsen und über und über voll mit bunten Blüten, meist in Rottönen, manchmal aber auch gelb oder blau. Warum heisst der Regenwald 'Regenwald? .... "Fährst Du durch den Regenwald, kommt der Regen gar zu bald!"

Es regnet nahezu täglich, der Regen kommt absolut zuverlässig immer zur gleichen Zeit, zwischen 12.00 und 24.00 Uhr. Manchmal ist auch ein kompletter Regentag eingestreut. Wenn man unterwegs ist und Glück hat, erreicht man sein Tagesziel trocken.

LANDSCHAFT

Im Ostteil ist die Insel flach, im Westen zieht sich ein Höhenzug von Nord nach Süd, von hügelig bis bergig. Viele Gipfel reichen über 2000 m. Das Landschaftsbild wird natürlich vom Grün geprägt, ist man im Bergland unterwegs, sind selbst die 2000-er bis oben hin stark bewachsen. Entlang der Straßen stehen meist zwischen den Orten etwas lockerer Hütten und Häuser zwischen den Bäumen und Feldern, Reisfelder wechseln sich mit Bananen- und Palmenplantagen ab, gelegentlich auch anderen Früchten, die ich nicht zuordnen kann.

Mittlerweile hat sich auch das Rätsel mit den 'grauen Armeen' (siehe Einreise nach Thailand) gelöst: es handelt sich um Gummibäume! Der geschilderte Zustand in Südthailand lässt mich darauf schließen, dass die Bestände wohl ausgedient haben und irgendwann abgeholzt werden - die bekannten Auffangschalen waren dort schon entfernt. Man muss sich ja auch mal blamieren dürfen! Man kommt immer wieder an Rodungsinseln vorbei, die noch nicht kultiviert, also wohl jüngeren Datums sind. Andererseits gibt es immer wider abgeholzte Plantagen, wobei die abgeholzten Palmen und ihre Blätter am Ort liegen bleiben (wie lange, weiß ich nicht).

In den muslimischen Bereichen gibt es überall kleine oder größere Moscheen, meist quadratisch mit kleiner oder großer Mittelkuppe, die häufig das Minarett ersetzt, was man am Lautsprecher
erkennen kann. Der äußere Zustand ist höchst unterschiedlich: von prächtigen Dächern und Kuppeln in blau, grün oder silber bis hin zu rostigen Wellblech-Abdeckungen, was dann den Eindruck der Schäbigkeit aufkommen lässt. Überhaupt ist Wellblech die dominierende Dachbedeckung, zum Teil sogar auf recht stattlichen Häusern. Daneben finden sich auch Gebäude mit Ziegeldächern oder auch traditionellen Bambus- oder Strohdächern.

Überrascht hat mich, wie wenig Stelzenhäuser ich auf Sumatra gesehen habe, grade im Vergleich mit Laos, Kambodscha, Thailand und Malaya. Was aber erstaunlich viel dazu gehört, sind große Satellitenschüsseln, vom Aussehen her wohl alle vom gleichen Hersteller, die man selbst jwd auf oder neben einfachen Holzhütten sehen kann. Es wird viel gebaut auf dem Land, ohne großen Maschineneinsatz etc. Die Arbeit wird nach alter Väter Sitte von Hand getan, z.B., indem zwei Mann mit dem altbekannten viereckigen Sieb Sand sieben. Die vierziger, fünfziger Jahre lassen grüssen.

Wege, Straßen, Verkehr

Die Straßen sind weitgehend in gutem, ordentlichem Zustand, teilweise sogar hervorragend. Trotzdem muss man enorm aufpassen, weil jederzeit, selbst in relativen Neubaustrecken, Löcher auftauchen können, in denen man zwischen Aktentasche und Reisekoffer alles mögliche unterbringen könnte! Immer wieder tauchen Straßenabschnitte auf, deren Zustand man dem verwöhnten Mitteleuropäer nur schwer schildern kann. Entweder sind es schlaglochreiche, nicht asphaltierte Stücke, oder schlicht aufgebrochener Asphalt mit Verwerfungen und tückischen Rändern und Löchern, häufig mit Wasser oder Schlamm gefüllt. Das sind dann die Bereiche, in denen ich immer wieder richtig froh bin um mein vorzügliches HPN-Fahrwerk, das mir erlaubt, auch in solchen Momenten, ohne Maschine und Mensch zu sehr zu plagen, einen ordentlichen Reiseschnitt zu erzielen. Selbst wenn oft Schrittgeschwindigkeit angesagt ist, ich kann mit meinem einspurigen Fahrzeug oft Linien fahren, die der Vierradler nicht nutzen kann.

Mir ist in diesen Passagen auch klar geworden, warum ich nirgendwo auf die Frage nach der Entfernung eine Kilometer- sondern immer eine Stunden-Angabe erhalten habe. Da erfährt man zum Beispiel, dass der Bus von Parapat nach Bukitthingi 13 Stunden braucht. Wenn man dann aus solchen Streckenabschnitten kommt, dann freut man sich, wenn plötzlich, oft über viele Kilometer, bunte Blumenrabatten am Wegesrand angelegt sind. Was ich so noch nirgendwo gesehen habe.

Der Verkehr ist in der Umgebung der Städte oft sehr dicht, man hat dann keine Chance, dem dichten Qualm der Dieselfahrzeuge zu entkommen und ist am Abend dementsprechend gekennzeichnet. Noch schlimmer ist es in den Ortschaften, wo der Verkehr fast immer richtig chaotisch ist. Selbst für relativ kurze Ortsdurchfahrten kann es ohne weiteres eine halbe Stunde dauern, bis man durch ist. Da kann es dann vorkommen, dass auf der linken Seite Verkaufsbuden, Tuk-Tuk's, Rikscha's und Kleinbusse ihren Platz beanspruchen, sodass der "fließende' Verkehr kaum eine Fahrspur findet und größere Busse oder LKW einfach nicht durchkommen. Und dann stehst Du eben und entkommst dem Diesequalm, der Dir aus dem Auspuff des Fahrzeugs vor Dir ins Gesicht geblasen wird, auf keinen Fall, weil rechts von Dir ein Mäuerchen die Grenze zum Gegenverkehr bildet!

Im allgemeinen ist das Verkehrsverhalten gut, meist rücksichtsvoll - wenn man sich allgemein an die hiesige Interpretation der Verkehrsregeln gewohnt hat. Wer sich in Deutschland ins Flugzeug und dann hier ans Steuer eines Fahrzeugs setzt, wird erst seine Erfahrungen sammeln müssen. Ich habe Menschen mit ungläubigem Staunen erlebt, denen ich gesagt habe, dass das Fahren hier eher wie im Paradies für mich ist, nach einigen früheren Erfahrungen. Auffällig ist, dass nahezu alle Fahrzeuge verdunkelte Scheiben haben. Die Frontscheiben sind meist mit irgendwelchen Folien abgeklebt so, dass grade mal ein schmaler Sehschlitz für den Fahrer offen bleibt. Ins Absurde schlägt das um, wenn, wie gesehen, ein Lieferwagen seine Scheibe komplett verklebt hat, mit Ausnahme einer Öffnung, die etwa dem inneren Kreis einer Klobrille entspricht.

Ich war mehrmals zu Notbremsungen gezwungen, ohne wirklich in Schwierigkeiten zu kommen, einmal allerdings war wieder mal ein Umfaller dadurch entstanden. Ein LKW-Fahrer hatte sich spontan entschlossen, einem Loch auszuweichen und mir, der ich zum Überholen angesetzt hatte, den Weg abgeschnitten. Kurz vor dem Stillstand kam ich dann auf Kies-/Sandgemisch - und schon lag ich. Es ist nichts passiert, ich habe halt wieder die Hilfe von zwei freundlichen Zeitgenossen gebraucht, um die Maschine wieder in die Senkrechte zu bekommen - ohne Gepäckabladen für mich alleine nicht machbar.

Was hier auch hergehört: ich war noch nie gezwungen, mit so katastrophal schlechtem Kartenmaterial zu reisen wie hier. Aber besseres, obwohl es das gibt, konnte ich nicht auftreiben. Die Ungenauigkeiten sind so, als ob man beispielsweise die Brennerstraße ganz auslässt, dafür aber Sterzing in der Nähe des Friaul ansiedelt, manche Orte, durchaus nennenswert, fehlen auch ganz. Die Tourist-Info's sind zwar meist recht freundlich und hilfreich, aber eben nur für die örtlichen Gegebenheiten.

Tier und Mensch

Das Getier auf und neben der Straße: große und kleine Hängebauchschweine, Ziegen, Rinder, Büffel, natürlich auch Hunde und Katzen. Was dabei auffällt, ist die Tatsache, dass überall Hunde an der Leine geführt werden. Das habe ich so auf der ganzen Reise nirgendwo gesehen. Diesen Tieren wird also ein hoher Wert zugeordnet, warum auch immer.

Was einen, grade wenn man aus Malaysia kommt, wie ein Schock trifft, ist der Mangel an Englischkenntnissen bei den Menschen, es dauert einige Zeit, bis man sich wieder daran gewöhnt hat, sich mit Händen und Füssen verständlich zu machen. Vor allem die Frage nach dem richtigen Weg auf der Strecke ist mehr als problematisch, weil schon kleine Variationen bei der Aussprache und Betonung dazu führen, dass man nicht verstanden wird. Ich habe mir angewöhnt, meine Frage mindestens zwei-, dreimal an unterschiedliche Passanten zu stellen, um sicher zu sein, mich auf der richtigen Straße zu befinden – was sich mehrfach gut bewährt hat.

Dabei sticht aber immer wieder die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen heraus. Wie oft hat mich ein netter Motorradfahrer zum Hotel oder sonstwohin gelotst, auch wenn's nicht sein Weg war. Sobald man etwas hilf- und ratlos dasteht, sich umschaut oder die Karte, den Stadtplan studiert, wird man schnell gefragt, ob man Hilfe braucht! Überhaupt begegnen einem die Menschen mit großer Freundlichkeit, ja Herzlichkeit. Oft, wenn man die Straße entlang geht, wird man schon von weitem fröhlich angelächelt, spätestens, wenn man selbst ein Lächeln zeigt, entgleisen die Gesichter förmlich vor Freude. In der ganzen Zeit hatte ich nur eine unfreundliche Reaktion und die kam von einem LKW-Fahrer, dem ich zu lange gebraucht hatte, um mein dickes Gefährt in eine Parklücke zu hieven, aber der war halt unter Zeitdruck!

Neben den Fragen zu Herkunft, Fahrtziel, Meinung zum Land gib es nur drei Themen, die grundsätzlich und überall aufs Tapet kommen: die Fußball-WM, der FC Bayern und Ballack - und dann natürlich die Frage, warum ich zur WM nicht in Deutschland bin. Erstaunlich ist, wie oft man, wenn auch meist nur mit wenigen Worten, auf deutsch angesprochen wird - der eine oder andere ist durchaus in der Lage, auch ein kleines Gespräch zu führen. Mancher erzählt dann auch, dass und wo er in Deutschland zu Besuch war.

Was für mich nervend ist, ist die Eigenart der Menschen, enorm laut zu sprechen, ganz generell, gegenüber dem Fremden aber besonders. Man hat manchmal das Gefühl, angeschrieen zu werden, dabei wollen sich die Menschen nur verständlich machen.

Umwelt

Steter Begleiter sind, wie überall hier, die unterschiedlichsten Gerüche, häufig keine angenehme Erscheinung. In den Städten stinken die Abwasserkanäle, oft auch die Bäche und Flüsse außerhalb. Die Wasserfarbe ist häufig nicht weit von schwarz entfernt, von dem Unrat, der in allen Arten von Gewässern liegt/schwimmt ganz zu schweigen. Aber: erfreulicherweise ist eine wohl immer regere Diskussion über Umweltschutz im weitesten Sinne, auch des Regenwald-Schutzes, im Gange, langsam wird sich deswegen wohl eine Besserung einstellen, aber es ist ein langer Weg! Es wird lange dauern, die Gewohnheit zu ändern, alles einfach auf die Straße oder in die Landschaft zu werfen.

Ein unerfreulicher Aspekt, zumindest auf Sumatra, ist der Internet-Zugang: entweder gibt es gar keinen, oder funktioniert nicht oder das Equipment ist desolat oder die Preise sind so mondnah, dass ich sie aus Prinzip nicht bezahle (das sechsfache des Preises in Dumai und das noch dazu als Mindestpreis ist einfach indiskutabel!). Unter desolat fällt auch die Situation, dass die Bildschirme in engen Kabinchen stehen, in denen man auf dem Boden sitzen muss in Orientalhocke oder wie auch immer: nach wenigen Minuten würden mir die Beine einschlafen. Man befindet sich in der Internet-Diaspora.

Mancherorts sind die Fahrrad-Riksha-Fahrer etc. das, was woanderst die Bettler sind: aufdringlich. Wie überall in dieser Weltregion gibt es überall die Straßenmärkte, die Basare, die Straßenhändler. In den Basaren und Märkten sind wie in alten Zeiten die Anbieter gleicher Ware (also beispielsweise Kinderbekleidung, Früchte, Fisch usw.) auf engem Raum beieinander, was dem Käufer natürlich die Übersicht erleichtert. Wenn ich dann aber 10, 15 oder 20 und mehr Läden mit gleichem Angebot sehe, stellt sich mir die Frage, wer das alles kauft, wie die Händler eigentlich leben können. Reichtümer sind wohl kaum zu verdienen.

Allgemeine Mentalität ist es, wenn irgend möglich den Fremden und seine Unwissenheit auszunützen. Preise werden in vielen Bereichen nach der vermuteten Zahlungswillig- bzw. -fähigkeit angesetzt. Wer's dann bezahlt, ist selber schuld! Man tut gut daran, auch vor dem Kauf einer Flasche Wasser erst mal nach dem Preis zu fragen, so wie beim Essen auch.

Persönliches

Es fällt mir auf, dass es weit weniger Moskito's und andere Stechmücken gibt, als ich erwartet hatte. Man erfährt auch recht zuverlässig von den Einheimischen, ob man im Malariagefährdeten Gebiet ist. Einen kompletten Schutz vor Stichen gibt es wohl nicht, obwohl die Stiche, selbst wenn nicht gefährlich, einfach ganz lästig jucken. Ich hatte mich mit Mückenschutz eingeschmiert, nur um nachts aufzuwachen, weil mich so ein Biest durch die Augenbraue gestochen hatte.

Über die Unterkünfte hatte ich ja schon geschrieben, das gibt's eigentlich nichts Neues, außer der Tatsache, dass man bei den Überland-Fahrten häufig im touristischen Niemandsland unterwegs ist und dann das einzige erreichbare Hotel seine Alleinstellung zu prächtigem Preisvorteil ausnützt, ohne vom Standard her einem der besseren Guesthouses in den Touristenorten gerecht zu werden. Dazu gehört dann auch, dass keinerlei Gastronomie geboten wird, man also gezwungen ist, draußen auf dem Markt an den Buden zu essen - zwar sehr preiswert, aber nach anstrengender Fahrt wäre mir ein Abendessen im Sitzen lieber!

Woran ich mich schnell gewöhnt habe, ist die Eigenart, dass ich fast überall mit "Baba" = Vater angesprochen werde. Ich find's lustig und nett.

DIE REISEABSCHNITTE

1. Dumai nach Parapat

Ich hatte mich entschlossen, zunächst an den Danau (=See) Toba zu fahren, dem grössten Binnensee Südostasiens, in einem Krater gelegen, der aus dem Kollaps eines riesigen Vulkans nach einem Ausbruch vor 75 - 100.000 Jahren entstanden ist. Von meiner neu erstandenen Sumatra-Karte (eine Indonesien-Übersichtskarte hatte ich in Kuala Lumpur erstanden) nicht ganz überzeugt, fragte ich den Herrn Polizeichef nach dem Weg - und der meinte nach einem Blick auf meine Karte schon, sie wäre wohl nicht die beste. Er schilderte mir den Weg, ich hatte ca. 400 km vor mir und fragte mich von Situation zu Situation durch Richtung Parapat. Nur um am Ziel festzustellen, dass ich einen riesigen Umweg gefahren war mit mindestens 120, 130 zuviel gefahrenen Kilometern. Der Großteil der Fahrt ging im östlichen Landesteil durch flaches Land.

Dafür war ich dann, wieder mit Hilfe eines Motorradler-Pärchens, nachdem ich unmittelbar vor Parapat noch im Regen und bei einfallender Dunkelheit über einen kleinen Pass a la Fernpass gefahren bin, schnell bei der gewünschten Unterkunft. Nach kurzer Preisverhandlung bin ich eingezogen. Es ist zwar ein durchschnittliches Guesthouse, ich hatte aber Glück mit der Wahl, weil ich dort ganz intensiv Kontakt zu den einheimischen Menschen gefunden habe.

Bei der Anfahrt war mir schon aufgefallen, dass es viele christliche Kirchen in diesem Teil Sumatras gibt. In Parapat nun habe ich gelernt, dass die einheimische Bevölkerung eine christliche Insel im ansonsten überwiegend islamischen Sumatra/Indonesien bildet (neben weiteren Minderheiten hinduistischer, buddhistischer und Natur-Religionen imganzen Inselreich). Es gibt, wie bei den Muslims, Kirchenneubauten, die die Gemeinden selbst finanzieren, in Parapat entsteht grade eine große neue Kirche für die evangelischen Christen, eine katholische, hübsche Kirche steht nahebei. Es gibt ein reges Gemeindeleben mit Chor usw. Ich hatte die Gelegenheit, eine Chorprobe anzuhören und war stark berührt davon, derartige Musik dort (und wieder einmal) zu hören.

Wir sind in dem kleinen 'foodstall' gegenüber dem Guesthouse viel beieinander gesessen, haben uns unterhalten, die Menschen hatten ein großes Interesse daran, sich mit mir zu unterhalten. Natürlich war ich neugierig, die Lebensumstände zu erfahren. Die Christen sind zwar (auf Sumatra) keinerlei Pressionen ausgesetzt, haben aber, wenn es um Jobs in öffentlichen Institutionen geht, eher zweitrangige Chancen. Ansonsten leiden sie, wie in allen touristischen Bereichen des Landes, ganz gewaltig unter dem Rückgang des Tourismus seit 2002, der z.B. im Toba-Bereich bei ca. 95% liegt! Man stelle sich das für Oberammergau oder Rottach-Egern vor!

Der Toba-See gilt als eine der touristischen Haupt-Attraktionen in Indonesien. Ich hatte eine etwas spektakulärere Szenerie erwartet und musste mir erstmal klarmachen, was man da sieht. Der erste Eindruck ist so, dass man sich an einem der großen schweizer Seen befindlich fühlen könnte, ohne hohe Berge ringsum, aber einfach wunderschön. Erst, wenn man sich bewusst macht, wo man sich befindet, kommt allmählich der große Eindruck: ein riesiges Rund von mittelhohen Bergen, den äußeren Resten des eingefallenen Vulkans. So groß, dass man es aus der üblichen Perspektive gar nicht überschauen
kann. Auf der Westseite eine große (Beinahe-)Insel, die nur übe einen sehr schmalen Isthmus mit der westlichen Seite der Insel verbunden ist; sie ist ein Teil des Vulkans, der nicht ganz in die Tiefe gerutscht ist, so wie im Südosten auch, wo allerdings keine Insel entstanden ist. Der See füllt natürlich den größeren Teil des Kraterlochs aus und hat beeindruckende Ausmaße.

Ein Tag auf Samosir (der Insel im Toba-See)

Auf einer Seeterasse über dem See, im Örtchen Tuk-Tuk (fast nur Hotels und Guesthouses), himmlisch ruhig, ein Bier und Fisch bestellt. Gegenüber die Kette der Berge und Hügel, die übriggeblieben sind
vom Einsturz des Riesenkraters vor 100.000 Jahren. Es könnte ja an einem der schweizer Seen sein - aber das Bewusstsein der Umgebung macht dann doch einen großen Unterschied. So ein Tag ist ein Geschenk der Götter. Langer Fußmarsch über Teile der Insel, angenehme Temperatur, leichter Wind, mittlere Bewölkung, die sich nachmittags verstärkt. Ich genieße den Augenblick! Zwei Bier, ein großen Fisch, Reis, Kaffee mit Milch und Zucker. Die Zeche; 64.00 Rupies, ca. 7 Dollar. Gegen abend mit der Fähre wieder zurück.

2. Parapat nach Medan und Bukit Lawang

Mein nördlichstes Ziel auf Sumatra war Bukit Lawang, am südlichen Rand eines weitläufigen Nationalparks gelegen. Dort wurde vor einer Reihe von Jahren eine Station aufgebaut, um Orang-Utans, die in Gefangenschaft geraten waren, wieder aufzupäppeln, von Krankheiten zu heilen und in einem trickreichen Ablauf allmählich wieder auszuwildern. Die Station hat für Sumatra ihre Aufgaben erfüllt, es sind nur noch vier oder fünf Tiere da, die noch von einer kleinen Crew betreut werden, bis man sie auch sich selber überlassen kann. Mein Weg ging über Medan, was eigentlich ein Umweg war, aber die kürzere Verbindung konnte ich mit meinem Kartenmaterial nicht finden, für die Menschen dort ist auch der Weg über Medan der richtige: man traut dem Fremden auch nicht die mehr offroad-ähnliche kürzere Variante zu.

Also hatte ich wieder einmal das Vergnügen, eine Großstadt zu passieren, unterbrochen durch einen Besuch bei der Tourist-Info. Wie immer sehr freundlich, Hinweise für den Weg und die dringende Empfehlung, Brestagi nicht auszulassen. Ist ca. 70, 80 km entfernt, früher eine Art frisches Bergidyll für hitzegeplagte Medaner, heute zusätzlich ein Tourismus-Magnet, weil man einen der umliegenden Vulkane relativ leicht ersteigen kann - was ich nach anfänglicher Begeisterung wegen sehr schlechter Wetterverhältnisse gestrichen habe: ein Vulkangipfel in Wolken ist fast genauso attraktiv wie ein Alpengipfel in diesem Zustand.

Bukit Lawang war bis vor drei Jahren noch ein viel, gerade und auch von Einheimischen, besuchter hübscher Ort in einer Talöffnung, wo ein Bergbach aus dem canyonartigen Oberlauf aus den Bergen austritt. Eine schreckliche Muhre mit Hochwasser hat den Ort mitten in der Nacht erreicht und ausgelöscht und damit auch mehr als 300 Menschenleben. Viele der Leichen sind bis heute nicht gefunden, weshalb auch die geistergläubigen Einheimischen nicht mehr kommen: die Geister der Toten sind noch da und werden gefürchtet. Mittlerweile ist zwar wieder einiges an Guesthouses etc. entstanden, repariert, wiederaufgebaut, aber es leben immer noch hunderte von Familien in einem Notquartier, wo sich mehrköpfige Familien Räume von grade mal ca. 12 qm teilen.

Ich hatte mir die "Jungle Inn" als Quartier ausgesucht, wurde aber von Einheimischen bei der Anfahrt abgefangen und, nach Abstellen des Motorrads an einer geeigneten Stelle des schmalen Pfades, zu Fuß weitergeführt, um mir beweisen zu lassen, dass es schlicht unmöglich war, mit dem Motorrad zur Inn zu kommen. Mit Hilfe einer der Jungen habe ich das Motorrad umgedreht, sie haben mir dann eine hübsche Bungalow-Unterkunft bei einer sehr netten Familie gezeigt. Einen der Jungs habe ich dann am übernächsten Tag bei der Notunterkunft wieder getroffen und er hat mir mit tieftraurigem Gesicht erklärt, dass sie seit dem Unglück keine Arbeit mehr hätten und nicht wüssten, was zu tun.

Nach meinen Erfahrungen kann ich dem Land und der Insel nur wünschen, dass angesichts der vielen Schönheiten und Sehenswürdigkeiten möglichst bald wieder viele Touristen kommen. Die Menschen sind darauf angewiesen. Hauptantrieb für mich für den Besuch waren natürlich die Orang- Utans. Ich habe 40 Euro für eine geführte Tour bezahlt, um wild lebende Orangs zu sehen. Wir waren zu dritt, neben dem Guide ein Helfer, der vor und neben uns durch den Urwald streifte, um auf den Bäumen eines der Tiere zu entdecken. Ich hatte wirklich viel Glück: es waren drei der Einzelgänger, die wir gefunden haben.

Die Vermutung liegt nahe, dass es sich um ausgewilderte Tiere handelt, auf jeden Fall sind sie Menschen gewohnt. Es war ein leichtes, sie mit Mandarinenstückchen von den Bäumen zu locken, eines war ein schwangeres Weibchen, eine andere eine Mutter mit Baby im Arm. Es war schon ein tolles Erlebnis, diese Tiere in ihrer natürlichen Umwelt (es war mein erster ausgedehnter Urwald-Marsch) zu erleben, ihnen die Hand und Futter zu reichen. Der Marsch endete bei der früheren Pflegestation und damit, nach einer Flussüberquerung in schmalem, flachem Boot, bei der "Jungle Inn", meinem gewünschten Quartier - also hatte ich das auf Umwegen auch erreicht.

Fast hätte ich's vergessen: bei dem Marsch habe ich auch die Quelle eines der unangenehmeren Gerüche der Insel kennen gelernt: es ist der Rohgummi von den Gummibäumen, der in dieser Gegend von jeweils zwei Männern in einem Netz am Tragebalken zu Tal gebracht wird und dabei sein unglaubliches 'Aroma' so verbreitet, dass man es erstmal gar nicht aus der Nase bekommt. Im Ort Bukit Lawang gibt es einen größeren Platz, wo die Bündel zwischengelagert werden – in der Umgebung möchte ich lieber nicht wohnen. Später bei der Weiterfahrt war dann der eine oder andere LKW/Lieferwagen zu überholen, der diese Fracht geladen hatte und das Überholen zum dringenden Bedürfnis hat werden lassen.

Durch das schlechte Wetter bedingt, war ich zwei Tage länger da als geplant, aber die Zeit konnte ich mit Spaziergängen, Faulenzen und mit den Menschen reden ganz gut verbringen.

So - und nun kommt's, liebe Zeitgenossen: Ich bin ein attraktiver, begehrenswerter Mann!!!

Zu Besuch in das kleine Bungalow-Anwesen kam eine Chinesin, keine Schönheit, aber auch nicht hässlich, Typ "immer fröhlich und geschwätzig" - so blank und ungeniert bin ich noch nie oder schon lange nicht mehr angemacht worden. Ich konnte bald keinen Schritt mehr machen ohne ihre Begleitung. Jeder Versuch, sie abzuschütteln, incl. unhöflichem Verhalten, war hoffnungslos, außer wenn ich mich in meine Bude zurückgezogen habe. Erfreulicherweise kam am zweiten Tag ein alter, verhauter Franzose, der, nachdem meine Ignoranz nicht mehr zu übersehen war, zum Ziel der Avancen wurde und wohl auch freundlicher reagiert hat. Jedenfalls wurde ich ab nun mit strafenden Blicken bedient nach dem Motto 'das hast Du nun davon!'. Schade, der Abschied bei meiner Abreise war dann auch richtig kühl - aber nicht von den Einheimischen. (Die Dame hatte übrigens vor dem Unglück ein kleines Restaurant im Ort und war natürlich mit allem und jedem bestens Freund).

Ich habe mich trotzdem sehr wohl gefühlt in Bukit Lawang und bin nur ungern weitergefahren. Aber das musste nun mal sein.

3. Bukit Lawang nach Parabat

Über diesen Abschnitt gibt es nicht viel zu erzählen außer, dass ich beim Eintreffen in Parabat sofort von meinen neuen Freunden dort umringt war und herzlich willkommen geheißen wurde. Erwähnenswert vielleicht, dass mich die ganze Zeit immer wieder die Frage beschäftigt hat, wie die Weiterreise über Java, evtl. Bali nach Australien aussehen könnte. Ich musste Internet-Zugang finden, um dem Thema weiter nachgehen zu können. Dazu war aber vorläufig keine Gelegenheit gegeben.

Ich wollte mein Bild vom Toba-See abrunden und habe deshalb einen Motorrad-Ausflug nach Samosir, der Insel gemacht, die ich umrunden wollte. Es war eine nette Fahrt, bis ich im letzten Abschnitt der Umrundung auf einer meist schmalen, steilen, ausgewaschenen und mit (fast) allen Enduro-Gemeinheiten (oder -Feinheiten!) ausgestatteten ungepflasterten Bergstrasse gelandet war. Es war eine der Einlagen, die ich mir nicht besser hätte aussuchen können, bis, ja, bis mir nach ca. 20 Kilometern das Kupplungsseil riss.

Ich blieb bei einem weiteren, vor mir liegenden Schlammloch, von denen ich schon etlich durchfahren hatte, stehen und entschloss mich, doch lieber umzudrehen: was ich hinter mir hatte, wusste ich, was noch vor mir lag, nicht. Mit gerissener Kupplung hätte mich an jeder Engstelle ein entgegenkommendes Fahrzeug (etliche waren mir begegnet) zum Abwürgen des Motors gezwungen. Also umdrehen und bergab den Motor wieder starten. Ich hatte Glück: an den Schmalstellen kein Gegenverkehr. Unten an der Küstenstrasse wieder angekommen, war dann noch eine Problemstelle zu überwinden: eine Behelfsbrücke, die im Prinzip nur aus zwei Fahrspuren bestand, die jeweils durch drei halbrunde Balken gebildet wurden. Bei der Hinfahrt mit intakter Kupplung hatte ich das Hindernis, wenn auch mit Herzklopfen, gut überwunden, aber nun... Wir haben dann zu dritt, zwei Einheimische konnten gar nicht anders, als mir zu helfen (was sie aber nach Landessitte gerne taten!), so haben wir die Maschine über das ca. 9 - 10 m lange Provisorium bugsiert.

Danach durfte ich erst weiterfahren, nachdem ein Motorradfahrer, ein Bus- und ein Lieferwagenfahrer, gemeinsam mit mir, eine Notkupplung konstruiert hatten, sodass ich die restlichen ca. 50 km bis zum Fährhafen und danach wieder bis zur Herberge erleichtert fahren konnte. In Parapat wurde ein einheimisches Seil als Notlösung eingezogen, das ca. 600 km hielt, das zweite, als Reserve besorgte Seil, ist noch intakt. Allerdings habe ich mittlerweile zwei weitere (richtigen Ersatz gibt's erst in Australien), die in ihrer Konstruktion und damit Stabilität schon näher an das BMW-Original rankommen. Ich denke mal, Darwin kann ich so sicher erreichen.

4. Parapat nach Bukittingi

Auch von Parapat bin ich mit Bedauern abgefahren, allerdings in erster Linie wegen der netten Menschen, die ich dort getroffen habe. Mein nächstes Ziel war Bukittingi, ein Zwischen-Aufenthalt auf dem Weg zum Dunau Minanjau. Der Start von Parapat erfolgte bei leichtem Regen, der sich aber, wie erhofft, bald aufgelöst hat. Unterwegs hatte ich meine, glaube ich, vierte Reifenpanne der Reise, am Vorderrad. Der Profi in seiner Hütte am Wegesrand hat den Schaden behoben, ohne das Vorderrad auszubauen, wenn auch zu unverschämtem Preis - nachträglich verhandeln bringt meist nichts, vor allem wusste der natürlich, dass ich in einer Notlage bin.

Mittlerweile hatte mein Tacho seinen Dienst komplett aufgegeben, ich war nun bei der Einschätzung der zurückgelegten Entfernungen (zum Beispiel bei der Frage, wann und wo tanken) auf Gefühl und Wellenschlag angewiesen, vor allem war es schwierig, die noch vor mir liegenden Strecken abzuschätzen, was auch gründlich schief lief.

Um das Glück vollkommen zu machen, habe ich bei der Weiterfahrt meine Endurobrille, glücklich erstanden in Kuala Lumpur, verloren. Ca. 20 km Fahrt zurück waren erfolglos. Es konnte nicht ausbleiben, dass ich vor Bukittingi in einen heftigen längeren Regenschauer kam, bei dem ich hautnah (wörtlich zu nehmen!) erlebt habe, wie wenig eine normale Brille Schutz bietet. Das Spritzwasser kommt auch hinter die Gläser und die Haut erhält ein recht herbes Peeling.

Bukittingi ist ein hübscher Ort auf einem Hügel, umgeben von Bergen, darunter drei Vulkane, einer etwas weiter entfernt. Die Sehenswürdigkeiten im Ort sind in 4 - 6 Stunden leicht abgelaufen, dazu zählt auch ein Zoo, wie es ihn im 21. Jahrhundert nicht mehr geben sollte: die Tiere in engen, betonierten Käfigen mit Metallgittern am oberen Rand, in einer eher willkürlichen Anordnung und ohne vernünftige Erläuterungen. Was mich dorthin geführt hatte, ist das Museum inmitten des Zoo's, das als Behausung ein mustergültiges Gebäude im Minanbakau-Stil hat und eine kleine Kollektion von
Gegenständen und Gebäude-Modellen dieser regionalen Kultur beherbergt.

Ansonsten gibt es noch den 'Panorama-Garten" (Bukittingi liegt oberhalb eines beeindruckenden Canyons), mit einigen Aussichtspunkten, in dem man auch einen Zugang hat zu einem Bunkersystem, das die Japaner während der Besetzung im zweiten Weltkrieg in Sklavenarbeit in den Berg hauen liessen. Ich konnte den Gedanken an die Menschenschinderei bei der Besichtigung nicht einen Moment verdrängen. Bei meinem Spaziergang durch den Ort wurde ich mehrmals von jungen Studenten aufgehalten, die von ihrem Lehrer beauftragt waren, Touristen zu kontaktieren, zu interviewen (mit Fragebogen), zu fotografieren (als Beweis, zusätzlich zur Unterschrift unter den Fragebogen). Jeder von ihnen mit derselben Zeremonie. Nach etwa 15 geduldig ertragenen Interviews habe ich mich verweigert: ein Interview, den Fragebogen könnt ihr fotokopieren. Um die Fotos kam ich natürlich nicht herum. Wobei das ganz generell zum Zeremoniell gehört: überall und zu jeder Zeit mit wem auch immer fotografiert zu werden!

Ein weiteres Erlebnis der besonderen Art hatte ich mit einem jungen Mann, der mich auf Deutsch ansprach. Er wollte sich mit mir unterhalten, um sein Deutsch anzuwenden und zu verbessern. Er bot mir an, mich in den Canyon und zu einem Wasserfall zu führen, wenn ich ihm weiteres Deutsch beibringe. Gesagt getan. Wir hatten den Canyon grade erreicht, fing es an zu regnen. Es waren dann noch acht Flussquerungen nötig, um zum Wasserfall zu kommen. Da hatten wir längst die Hosen runter und im Rucksack, weil es so geschüttet hat.

Eigentlich sollte, so war's versprochen, der Ausflug nicht mehr als eine Stunde dauern, es wurden dann aber drei daraus. Auf das Bad unter dem Wasserfall habe ich verzichtet, auf den Kauf von Silberwaren in dem Dorf, zu dem wir aufgestiegen waren (war wohl auch das eigentliche Ziel des Ausflugs!) ebenfalls. Dass zum Schluss die Bitte um eine angemessene Entlohnung für die Führung kam, hatte ich erwartet, aber (verständlich?) keinerlei Gehör.

5. Bukittingi zum Minanjau-See

Die Fahrt war kurz, grade mal reichlich eine Stunde, der letzte Abschnitt auf einer steilen, schmalen, asphaltierten Straße über 44 (ausgeschilderte) Kehren zum See. Auch ein Kratersee, aber nicht so ausladend wie der Toba-See. Ich hatte beinahe heimatliche Gefühle, weil man sich wie am Tegernsee fühlen kann. Einquartiert habe ich mich in einem netten Guesthouse direkt am See, mit Bungalows zum See hin und einer Terasse, die auf das Wasser hinaus gebaut ist. Himmlisch. Vor allem die Ruhe dort und damit die Besinnlichkeit, die unwillkürlich aufkommt.

Ich war schon zeitig am Vormittag eingetroffen und hatte bereits mittags die Entscheidung getroffen, zwei Nächte da zu verbringen. Am Nachmittag trafen zwei weitere Deutsche ein, Birgit und Jörg, zwei liebe, nette Menschen. Birgit hat als Ethnologin zur Zeit ein Projekt in Singapur, Jörg, ihr Partner, besucht sie von Zeit zu Zeit, aus Deutschland kommend. Das waren angenehme Stunden mit den beiden! Am nächsten Tag haben die beiden sich ein Motorrad geliehen, wir haben eine See-Umrundung gefahren. Beim Absteigen vom Motorrad hat mich ein nicht gerade gelinder Schreck durchfahren: im Ablauf der Bewegung hat mich ein herber Schmerz getroffen: entgegen früherer Angeberei ein Ischias-Anfall. Auch das Tragen des Rückenprotektors, zur Wärmetherapie, hat nichts bewirkt. Nur eine ASS500 brachte etwas Erleichterung.

Am nächsten Tag kam ein alter, knochiger Mann mit selbstgefertigtem Massageöl und hat mich ausführlich und grob (wie erbeten, weil ich streicheln lieber von Frauenhand habe) massakriert, danach bin ich zur nahen warmen Quelle gehatscht und habe ein längeres Bad genommen. Außerdem musste ich einen Tee trinken, der auf die Anweisungen des Alten hin gebraut wurde. Diese Zeremonie hat sich am nächsten Tag wiederholt, bei schon deutlich nachlassendem Schmerz. Am Tag darauf konnte ich schmerzfei weiterfahren, wo ich am vorigen Tag morgens nicht auf das Motorrad hätte steigen können. Ich war sogar so fit, dass ich am zweiten Tag das Motorrad zur Werkstatt bringen konnte, um die Vergaser wieder mal reinigen zu lassen.

Sensationell, buchstäblich, war für mich, dass hier bei einer bestimmten Moschee eine Frau den Ruf zum Gebet singen durfte. Schon in Bukittingi war mir aufgefallen, dass Frauen über die Moschee-Lautsprecher Gesänge darbieten durften, sicherlich religiöse, aber immerhin!! Das erinnert ganz kräftig an Marokko, wo jetzt die ersten 50 Frauen die Prüfung ablegen durften, um künftig in Familien, Schulen und sonstiger Öffentlichkeit für einen friedlichen Islam zu werben und zu arbeiten (eine Initiative des Königs).

6. Minanjau nach Padang und Solok

Zunächst geht die Fahrt über die Kraterhügel nach Westen, zum Indischen Ozean, den man auch immer wieder sieht, nach Padang. Dort ist das provisorische Kupplungsseil erneut gerissen, glücklicherweise hatte ich Ersatz dabei, die Reparatur war nach einer halben Stunde erledigt. Dann aber (AG = aus Erfahrung klug), ging die Suche nach neuem Ersatz los, in der Mittagshitze von einer Station, einem Laden zum nächsten. Glücklicherweise wurde ich endlich fündig, sogar mit erfreulich guter Qualität. Sicherheitshalber habe ich gleich zwei Seilzüge gekauft.

Danach war ich erst mal erholungsbedürftig und habe mich in ein Restaurant gesetzt. Padang ist für seine gute Küche landesweit berühmt, Padang-Restaurants findet man quer über Indonesien überall. Dann kam der Gedanke, am Ort zu übernachten und etwas am Indischen Ozean spazieren zu gehen. Der Führer weist einige Häuser aus. Beim ersten dachte ich noch an eine Ausnahme, nach dem zweiten und dritten Versuch bin ich schnell entschlossen weitergefahren nach Solok. Der Grund: angeblich alle einfachen, preiswerten Zimmer ausgebucht, nur noch Sonderklasse zu Mondpreisen verfügbar. In Solok konnte ich für den reinen Übernachtungspreis in Padang nicht nur das Zimmer, sondern auch Essen und Getränke (Bier) bezahlen und war doch in einem ordentlichen Hotel untergebracht.

7. Solok nach Lubuktingau

Die Fahrt geht stetig durch Bergland, aber die Strecke zieht sich lang hin. Dank ausgefallenem Tacho weiß ich nicht, wie viele Kilometer ich zurückgelegt habe, es waren aber sicher zwischen 400 und 500. Ich hatte mir in Kuala Lumpur einen Australien-Führer gekauft, den ich jetzt immer wieder mal zur Hand nehme, um mich vorzubereiten. Dabei ist mir bewusst geworden, dass ich durch die vielen Verzögerungen (Bangkok, Kuala Lumpur) mitten im tiefsten Winter in Südaustralien eintreffen werde. Prost Mahlzeit, das wird kalt!

8. Lubuktingau nach Bandar Lampung (gewollt)

Aus der Karte konnte ich schließen, dass dies ein kürzerer Abschnitt ist als der am Vortag, also bin ich ganz entspannt auf die Reise gegangen, zwar nicht getrödelt, aber halt auch mal Blicke in die Landschaft geworfen und ein Liedchen gesummt. Ich wurde zum Opfer meines miesen Kartenmaterials! Irgendwann, gegen Mittag, habe ich gefragt, wie weit es wohl noch sei. Die etwas kryptische Antwort: achtzig hundert Kilometer, acht Stunden. Merkwürdig!! Zu meiner (unangenehmen) Überraschung nach weiteren 50 km: 450 km, 5 1/2 Stunden Fahrt. Das konnte doch nicht sein.

Um's kurz zu machen: die vierhundert Kilometer waren wohl etwa richtig, die Fahrzeit zu kurz angesetzt. Ich habe mich beschleunigt auf den Weg gemacht, bis die Dunkelheit eintrat. Danach war ich gezwungen, wegen der Löcher wieder vorsichtig zu fahren. Glücklicherweise hat mich ein Lieferwagen überholt, dessen Fahrer offenkundig streckenkundig war: er kannte alle Löcher und ist denen sehr geschickt ausgewichen. Hinter den habe ich mich geklemmt, um schneller vorwärts zu kommen, trotzdem bin ich in drei Löcher hart reingeknallt. Bei zwei Ortschaften war ich schon glücklich, endlich in Bandur Lampung zu sein, jedesmal irrtümlich. In der zweiten, es war bereits nach 20.00 Uhr, habe
ich übernachtet, es war auch Bandar, aber Bandar Jaya. Angeblich sollten es von da noch über hundert Kilometer nach B. Lampung sein, es waren dann aber 'nur' noch fünfzig am nächsten Tag. Damit waren dann aus den morgens geschätzten 400 km irgendetwas um die 650 geworden.

Was folgte, war am nächsten Tag die Fahrt nach Bandar Lampung und von dort weitere hundert Kilometer zum Fährhafen. Insgesamt waren das dann in Sumatra über 3000 km. Seit längerer Zeit ist mein Blick geschärft für die "Strecke", die am Wegesrand liegt, die toten Tiere. Sie sind ein ganz guter Massstab dafür, wie die Autofahrer auf die Tiere auf der Straße achten. Auf Sumatra waren es

- 1 Ziege
- 1 Hund
- 2 Warane
- 1 Schweinderl

dazu kommen noch etliche Schmetterlinge, die mir begegnet sind sowie ein Huhn. Das Tier ist in einem Ort unvermutet aus einem Hof gestartet, um über die Straße zu fliegen und dabei mit meinem rechten Rückspiegel kollidiert. Wir hatten beide keine Chance, den Zusammenprall zu vermeiden. Hat mir sehr leid getan. Nur als Anmerkung: in allen Ländern vorher waren bei vergleichbarer Fahrstrecke weit mehr tot Tiere zu sehen. Zuguterletzt noch eine Frage:

Was ist besser als gar kein Bier? Ein nicht gekühltes!

Das wars aus und über Sumatra. R ückgerechnet aus dem Verbrauch habe ich auf Sumatra ca. 3.600 km zurückgelegt.



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