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Indien 1                                               <<       >>

   
   

Liebe Tagebuchleser worldwide ;-),

nun also der erste Teil aus dem Subkontinent mit über einer Milliarde Menschen. Der letzte Tag in Lahore war, wegen der Erdbeben-Folgen: Museum geschlossen etc., nicht mehr besonders aufregend, die Fahrt zur indischen Grenze am nächsten Morgen (ca. 30 km) unproblematisch, so wie die Grenzabfertigung auch - auch wenn sie zweieinhalb Stunden in Anspruch genommen hat.

AMRITSAR:

Nach weiteren 30 km Amritsar, lebhafter Verkehr und ein mittlerer Schock: ich konnte niemanden finden, der auch nur ein paar Brocken Englisch gesprochen hätte, und das in Indien... Nach einer Reihe vergeblicher Versuche, mich zur Unterkunft, deren Namen und Adresse ich auf einen Zettel geschrieben hatte, durchzufragen, habe ich an einem verkehrsreichen Platz meine Maschine neben den dort stehenden Verkehrspolizisten abgestellt. Auch diesen Herren war es längere Zeit nicht möglich, festzustellen, wo ich hinfahren musste, bis nach langem Palaver plötzlich ein einfacher Rikschafahrer eine Erleuchtung hatte, wohl, weil er das Gästehaus schon mal angefahren war. Der Rest ging dann schnell: ein Tuck-Tuck-Fahrer hat mich hingelotst. Quartier einfach, aber sauber und teuer und ich froh, endlich da zu sein.

Am nächsten Tag sehr langer Fußmarsch durch die Stadt (vergebliche Suche nach einer Bank mit Kartenautomat) und zum Goldenen Tempel. Der erste Eindruck: Verblüffung ob der Ausmaße des Areals, das ich so groß und weitläufing nicht in Erinnerung hatte. In der Mitte, in einem künstlich angelegten See, der Tempel, über einen Steg erreichbar. Das Wasser gilt als heilig, wer in dem See badet (was natürlich, keusch verhüllt, auch einige Besucher taten), ist aller Sünden ledig. Da nimmt wohl mancher schon eine längere Reise auf sich..

Da der Tempel aus vielen Aufnahmen bekannt ist, brauche ich ihn hier wohl nicht zu schildern. Beeindruckend, neben der ganzen Anlage, ist die Frömmigkeit und Hingabe der Besucher. An verschiedenen Stellen sitzen, hinter Fenstern, Männer in tiefer Meditation, auch sie genießen eine hohe Verehrung, die sich auch in reichlichen Spenden äußert. In allenvier Ecken des Areals wird kostenlos sauberes Wasser ausgeschenkt (jede Schüssel wird nach Gebrauch sorgfältig gereinigt), in Nebengebäuden sind große Küchen untergebracht, wo an jeden kostenfrei Essen verteilt wird. Glücklicherweise sind von den Kämpfen, die zu Indira Ghandis Regierungszeiten statgefunden haben, keine Spuren mehr zu sehen.

Zurück zur Unterkunft bin ich mit einer Fahrrad-Rikscha gefahren, ich denke, das Geld war so sinnvoller ausgegeben als für ein stinkendes Tuck-Tuck! In der Unterkunft dann die große Überraschung: neben meiner BMW stand eine 950-er KTM aus LDK = Lahn-Dill-Kreis. Natürlich bin ich gleich losgesaust, die Besitzer saßen im kleinen Gartenrestaurant: Claudia und Thomas, auf dem Weg nach Nepal. Es wurde dann doch ein etwas längerer Abend, und Bier gab's auch.

Thomas ist seit fast 10 Jahren für ein Hilfsprojekt für Waisen in Nepal aktiv, Claudia macht mittlerweile auch mit, beide sind Nepalfans. Sie waren auf die Reise gegangen (bei Einsatz von 10 Wochen Urlaub) um mit dem Motorrad auf einer ähnlichen Route wie ich (allerdings ohne Afghanistan), nach Nepal zu kommen. Den Karakorum-Highway hatten sie auch schon hinter sich, bei der Fahrt nach Lahore dann einen Motorschaden, der dank glücklicher und erfreulicher Umstände in Lahore unter Leitung eines leibhaftigen Professors der Lahore-Universitaet (Besitzer einer größeren Anzahl von großen Motorrädern unterschiedlicher Her-steller) behoben werden konnte. Allerdings sind dabei 9 wertvolle Reisetage verloren gegangen.

Jede Medaille hat zwei Seiten: die weitere Routenplanung führte über Rajasthan ans Westende von Nepal, von dort in Nepal weiter nach Kathmandu (wo dieser Bericht jetzt entsteht). Es war eine Frage weniger Minuten, dann war klar und vereinbart, dass ich mich den beiden anschließe. Zwar hatte ich Rajasthan nicht in meiner Planung, der Gedanke, da mitzumachen und meine frühere, bisher geplante Route zu verlassen, ganz schnell abgehakt.

RAJASTHAN, der Wüstenstaat

Durch den Zeitverlust der beiden, für die natürlich Nepal der wichtigste Platz ihrer Fahrt ist, war eine beschleunigte Reise mit einigen ausgesuchten Stationen und Besichtigungen angesagt: Bikaner - Jodhpur - Pushkar - Jaipur, von dort weiter nach Agra und zur nepalesischen Grenze.

Bikaner: Rattentempel (30 km ausserhalb) und Fort, beeindruckend, mitten in der Stadt.
Jodhpur: (blue City, weil viele Häuser blau gestrichen sind) mächtige Festung auf einem Berg über der Stadt, weißes Marmor-Mausoleum für einen Maharadscha vom Ende des 19. Jahrhunderts nahebei. Pushkar: Hindu-Heiligtum an einem heiligen See in hügeliger, schöner Landschaft, Tourismusrummel.
Jaipur: (pink City, weil rosa gestrichene Häuser) der berühmte "Palast der Winde", schöner Stadtpalast im Mogulstil, Observatorium.
Agra: Tadsch Mahal und Rotes Fort.

Die Fahrt konnte erst mittags starten, weil die beiden natürlich auch den Goldenen Tempel sehen wollten. Der Fahr-Tag begann mit einer bösen Ueberraschung: mein Rückenprotektor war weg, nicht mehr auffindbar. Wer in diesem Nest so ein Teil gebrauchen kann, ist mir schleierhaft. Vor uns lagen bis Bikaner über fünfhundert Kilometer Strecke, teils über Haupt-, teils über Nebenstraßen. Trotz beschleunigter Fahrweise ließ es sich nicht vermeiden, in die Dunkelheit zu kommen. Neben Staubpässen ist auch mein Bedarf an Nachtfahrten vorläufig absolut gedeckt.

Die Fahrt bei Dunkelheit war, ob des LKW-Verkehrs und die Blendung durch deren Scheinwerfer beinahe ein Horrortrip: unbeleuchtete, stehende oder auch fahrende LKW und sonstige KFZ, unbeleuchtete Kamel-, Pferde- und Eselskarren ebenso wie unbeleuchtete Fussgänger und Radfahrer, von Schlaglöchern, ungesicherten Baustellen etc. zu schweigen. Auf der Fahrt, nicht mehr weit von Bikaner, ist dann der Anlasser meiner BMW kaputtgegangen. Durch einen Tuck-Tuck-Fahrer fanden wir ein erfreulich ordentliches und preiswertes Hotel, das am nächsten Tag auch einen 'mechanic' für die Anlasser-Reparatur besorgte. Am Abend war die Maschine wieder fahrbereit: Eine Kohleschale war zerbrochen und musste ersetzt werden. Hier hat sich bewiesen, dass es im orientalischen Basar alles gibt (BMW ist in diesen Gegenden nicht vertreten!), man muss nur wissen, wo.

Wir waren mit einem Taxi zum Rattentempel gefahren, der außer den Ratten nichts aufregendes zu bieten hat - und selbst diese Viecher sind nicht sehr beeindruckend: deutlich kleiner als die europäischen Exemplare und wegen ständiger (Über)Fütterung absolut friedlich. Das Fort ist ein beeindruckender Bau, wie üblich über Jahrhunderte gewachsen und ausgebaut.

Am nächsten Tag ging's dann nach Jodhpur, wo wir rechtzeitig ankamen, um uns die riesige Festung, auf einem steil aus der Stadt aufsteigenden Berg angelegt, aus der Nähe und von aussen anzuschauen (der Eintrittspreis war uns zu hoch). Ein elegantes Gegenstück dazu ist das Marmor-Mausoleum, das vor über hundert Jahren in der Nachbarschaft des Forts für einen Maharadscha gebaut wurde, das ganze Bauwerk samt seinem Drumherum aus feinstem weißem Marmor, im Mogulstil.

Es folgte die Fahrt nach Pushkar, wieder so, dass wir wieder nur eine Übernachtung brauchten, trotzdem aber den (nicht sehr großen) Ort ausgiebig erkunden konnten. Das Städtchen ist eine Durchgangsstation von Nepal nach Goa, demzufolge sind, neben den zahlreichen indischen Pilgern, haufenweise Rucksack- und sonstige Touristen aus aller Welt anzutreffen.

Das nächste Ziel, Jaipur, ist ja ausreichend bekannt durch seinen 'Palast der Winde', der in Wirklichkeit nichts anderes ist als eine grosse Fassade mit vielen Fenstern und dahinter ein grade mal terassentiefer Anbau (nur hinter den unteren "Stockwerken"). Das Konstrukt diente den Haremsdamen als Loggia, um dem Strassentreiben oder auch irgendwelchen Festivitäten zuzuschauen, in/von der Öffentlichkeit durften sie ja nicht gesehen werden.

Hinter diesem "Palast" ist der Stadtpalast der Maharadschas, die einen Teil der Anlage heute noch bewohnen, ergänzt um ein Observatorium, angelegt von einem ihrer Ahnen, der im Bereich der Astronomie bedeutendes geleistet hat. Man kann auch zwei wahrhaft riesige Silberbehälter bestaunen, die einer der letzten herrschenden Maharadschas anfertigen ließ, um heiliges Gangeswasser für seine Bäder beim Besuch Londons anlässlich einer Krönungsfeier mitführen zu können.

Die Landschaften, durch die wir gefahren sind, waren Wüste und überwiegend mäßig bewachsene Halbwüste, gelegentlich, wo Wasser verfügbar ist, stärkere bis intensive landwirtschaftliche Nutzung, je weiter wir Richtung Jaipur fuhren, desto mehr. Auf den Straßen, soweit (die von uns bevorzugten) Nebenstrecken, wenig Verkehr, stark unterschiedliche Streckenzustände. Auf den Hauptstrecken herrscht, vor allem in Stadtnähe, häufig sehr dichter Verkehr, viele LKW, Gedrängel. Gelegentlich die bekannten rücksichtslosen Entgegenkommer, die uns mehrfach zur Flucht in den Sand und Schotter der Seitenstreifen zwangen. In den Städten und Ortschaften chaotische Verhältnisse, oft katastrophale Strassenoberflächen mit Grobschotter, tiefen Wasser- und Schlaglöchern und, wenn vorhanden, kaputtem Asphalt, schmale Gassen und Gässchen (auch für Durchgangsstraßen), mühsames Vorwärtskommen.

Es gibt alle Arten von Fahrzeugen, für uns auffällig natürlich die Kamelkarren. Alles nutzt im bunten Gemisch den z.T. zu engen Verkehrsraum, es kommt zwangsläufig zu Stauungen mit Hupen, Drängeln und buntem Durcheinander. Tierwelt: Kamele, Esel, Büffel, Rinder, Pferde, Hunde, einmal eine Gazelle am Wegrand, bei Jaipur plötzlich kleinwüchsige Schweine auf und neben der Strasse, natürlich auch in den Orten. Viele, meist bunt gekleidete Frauen mit Kopflasten: Holz, Viehfutter, Wasserbehälter usw.. Viel Bettelei in den Ortschaften.

Während der Fahrt immer wieder geschichtsträchtige Bauwerke links und rechts, man müsste mehr Zeit haben, und wär's nur für einen kurzen Stop. Übernachtung immer in einfachen Hotels, Preise sehr moderat, 6 - 10 Euro, Zimmer dabei zwar einfach, aber sauber - mit einer Ausnahme, das war eine Schmuddelbude. Jeder Halt auf der Strecke, z.B. um etwas zu trinken, führt binnen ein bis 2 Minuten zum Volksauflauf. Die rücken einem derart unangenehm nahe, dass man sie sehr energisch zurückweisen muss. Außerdem haben die mit den Fingern sehen gelernt. Die üblichen Fragen, jetzt erweitert um 'son?' bzw. 'daughter?' mit Blick auf Claudia und Thomas. Die Anwesenheit der beiden mit ihrer auffälligen KTM lenkt, was mir gut gefällt, die Aufmerksamkeit von mir ab.

Am Ortsrand von Jaipur meine erste Reifenpanne: ein Stift hatte vorne Karkasse und Schlauch beschädigft. Gleich gegenüber die übliche Straßen-Motorradreifen-Werkstatt. Der Mann war ein echter Profi und reparierte beides schnell und gut. Der Vordereifen ist mittlerweile so weit abgefahren, dass ich in Deutschland damit nicht mehr auf die Straße dürfte, muss aber noch ca. 1100 km halten, bis Kathmandu (was auch geklappt hat!). Mit Jaipur hatten wir dann auch bald Rajasthan hinter und Agra vor uns. Die Festungen und Paläste, die wir gesehen haben, stammen überwiegend aus der Mogulzeit oder sind von deren Architektur beeinflusst. Die Forts sind mächtige Anlagen, meist in gutem Zustand, eine Besichtigung wert. Die Paläste sind architektonische Schmuckstücke und lassen den ganzen Luxus seiner Erbauer und Bewohner lebhaft empfinden.

Ein besonderes Highlight der Tour war natürlich Agra mit dem Tadsch Mahal und dem Roten Fort. Das Tadsch Mahal hat mich erneut tief beruehrt, einfach grandios, nicht zu überbieten. Interessant die Ähnlichkeiten zwischen dem Lahore- und dem Roten Fort von Agra. Natürlich ist es schade, dass wir diese Tour im Sauseschritt absolvieren mussten, aber der Wunsch von Claudia und Thomas, wenigstens noch etwas Zeit für Nepal und Kathmandu zu haben, hatte ganz selbstverständlich Vorrang. Ich bin froh, so patente Reiseabschnittspartner getroffen zu haben!

Nach Agra folgte der letzte Fahrtag in Indien/Teil 1 Richtung Nepal. Dieser Reisetag zur nepalesischen Westgrenze war so ganz und gar nicht mein Tag....!! Wie schon mehrfach vorher in anderen Orten war die Route aus Agra schwer zu finden, Auskünfte zum Weg waren mehrfach völlig falsch! Beim Wendemanöver, wir waren Richtung Delhi geschickt worden, kollidierte ich durch eigenes Verschulden mit einem Rollerfahrer (es war Gottseidank nichts passiert), später in einem Nest beinahe das gleiche mit einem Motoradfahrer, danach die schlimmste Panne, der Verlust von Canon-Kamera und Fototasche (entweder eigene Schlamperei, wahrscheinlich aber Diebstahl an einem geschlossenen Bahnübergang) und zuschlechterletzt, kurz vor der Grenze (es hatte mittlerweile angefangen zu regnen) rutschte mir die Maschine beim heftigen Bremsen auf Sand und dreckigem Asphalt übers blanke Vorderrad weg, keine sehr hohe Geschwindigkeit, nichts weiter passiert, leichte Hüftprellung rechts.



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