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Tanz auf dem Vulkan
Mit Timo Rokitta unterwegs in der Auvergne.


In der Ferne sehen wir ihn schon, den grünen Vulkankegel des Puy de Dome; mit seinen 1.428 Metern erhebt er sich wie ein Zuckerhut am Horizont. Der bekannteste aller Puys soll auch gleich das erste Highlight unserer Motorradreise durch die Vulkan-Auvergne sein. An seinem Fuße entscheiden wir uns erst einmal für eine Gipfelfahrt. Eine gute, aber mautpflichtige Asphaltstrasse ersetzt dabei den alten Maultierweg und bringt und bequem zum Gipfel. Wie eine Spirale wurde die Strasse mit zwölf Prozent Steigung um den Kegel gelegt.

Das gedämpfte Licht des Spätsommers verwandelt die tief unter uns liegende Landschaft in ein intensives Grün. Wir machen mehrere Fotostops und genießen die Aussicht über die weitläufigen Hochmoore, aus denen zahlreiche durch Erosion abgeschliffene Vulkankegel ragen. Es ist noch nicht so lange her, seit die Vulkane im Zentralmassiv Feuer spieen. Vor rund 3.500 Jahren sind die letzten Puys erloschen und es ist keineswegs sicher, dass sich die Erde für immer beruhigte.



Nicht ganz so alt ist das Bauwerk auf der Spitze des Puy de Dome. Um 50 n. Chr. entstand der große Merkur-Tempel durch die Römer. Kultisch bedeutsam war er auch, weil seit urdenklichen Zeiten schon die Gallier hier einen Gott verehrten, dessen Züge sich in der gallo-römischen Epoche mit dem lateinischen Merkur vermischten. Unter dem Namen Mercurius Dumias wurde er bei Galliern wie Römern populär.

Nach dem Abstieg folgen wir der D 27 und gelangen so, vorbei an alten Basaltfelswänden, zu dem in einer engen Talsohle gelegenen Marienwallfahrtsort Orcival. Im Zentrum des beschaulichen Ortes steht ein Meisterwerk der auvergnatischen Romantik: die Basilika Notre-Dame d`Orcival, deren mächtiger Baukörper den winzigen Ort dominiert. Der Legende nach war die Jungfrau Maria hier an einer Quelle erschienen. In einem kleinen Bistro nehmen wir unseren ersten duftenden Cafe au lait zusammen mit einem Croissant ein und genießen die Beschaulichkeit des historischen Ortes.

Nach einem der typischen Vulkanseen, dem idyllischen Lac de Guery, biegen wir dann später ab und gelangen so zu einer Traumstrecke für Motorradfahrer. Ab dem Col de la Morand mit seinen 1.401 Metern windet sich das Sträßchen in endlosen Kurven und Kehren durch eine wie von Riesen modellierte Landschaft. Erst in St. Nectaire erwachen wir aus unserem Kurvenrausch.

Hier ist wieder etwas Kultur angesagt. St. Nectaire besteht aus zwei Teilen, St Nectaire-le-Haut und St Nectaire-le-Bas. Die sehenswerte romanische Kirche erhebt sich im alten, oberen Ortsteil, während unten im Tal des Couze die betagten Hotels eines früher ziemlich beliebten Thermalbades liegen. Die Kirche St – Nectaire beeindruckt nicht zuletzt durch ihre exponierte landschaftliche Lage, nur die Ruine der Burg Murol unterbricht in der Ferne die Silhouette der bewaldeten Hügel.

Um zu einem Bauwerk ganz anderer Dimension zu gelangen steuern wir unsere Boxer in Richtung Issoire. Streng genommen liegt der Ort in der Limagne und deshalb auch im weitem Tal der Allier. Die Landschaft wird zunehmend mediterraner und die Temperaturen steigen merklich an. Abkühlung gibt es erst wieder im Gorges d`Alagon. Eng und kurvenreich windet sich die Strasse zusammen mit dem gleichnamigen Fluss durch das enge Tal. Nur verstreut sind einige alte Weiler in der Landschaft, deren Stille nur durch das Plätschern des Wassers unterbrochen wird. Bewacht wird das Tal durch die Festung Chateau d`Leontoing, die wie ein Adlerhorst auf einem steilen Felsvorsprung liegt.


Basilika Notre-Dame d`Orcival

Am Ausgang der engen Klamm liegt Blesle, das eine Auszeichnung als eines der schönsten Dörfer Frankreichs erhielt und noch gänzlich seine historische Bausubstanz vorweisen kann. Der Ort beherbergte einst ein Benediktiner-Frauenkloster, das im 9. Jahrhundert von einer Gräfin der Auvergne gegründet worden war und dem Papst unterstand.

Nachdem wir St.-Flour, das auf einem steil abfallenden Basaltplateau über dem Tal der Amber thront passiert haben, erhebt sich endlich die filigrane Konstruktion des Viaduc de Garabit über dem Tal der Truyere. Das Viadukt gehört zweifelsohne zu den Meisterwerken der Eisenbahnarchitektur. Die Industrialisierung des 19. Jh. und die damit verbundene Erschließung der „Provinz“ durch neue Transportwege brachte die Moderne in Gestalt neuartiger Eisenkonstruktionen auch in die Auvergne. 1877 begann die Planung der Eisenbahnlinie von Paris nach Beziers im Languedoc, die geradewegs mitten durch die Auvergne und über die tiefe Schlucht der Truyere führen sollte. Das ehrgeizige Projekt, dieses Flusstal mit einem Viadukt zu überspannen, wurde 1880 einem Ingenieur anvertraut, der bereits mit spektakulären Konstruktionen bekannt geworden war: Gustav Eiffel.

In der Tat waren die Schwierigkeiten beim Viaduc de Garabit enorm: Die fragile Eisenkonstruktion musste nicht nur das Gewicht tonnenschwerer Güter tragen können, sondern auch Elastizität besitzen, um seitliche Schwankungen durch Wind von mehreren Metern sowie eine Längenvarianz von etwa 10 cm zwischen Sommer und Winter abzufedern. 3.169 t Eisen, 41 t Stahl, 23 t Gusseisen, 15 t Blei und 678.768 Nieten wurden in den Jahren 1881 - 1884 verbaut – das Ganze zu Kosten von 3.383.000 Francs.

Nach soviel Technik zieht es uns wieder hinaus in die Natur und die Berge der Monts du Cantal. Dieser alte vulkanische Bergstock mit seinen strahlenförmig verlaufenden Tälern ist so zerschnitten, dass jedes seinen eigenen Charakter besitzt. Kleine Städtchen aus grauem Stein wie Murat unterbrechen die saftigen tiefgrünen Wiesen, auf denen die roten Salers – Rinder grasen. Schätzungen zufolge war diese Berggruppe vor 10 bis 20 Mio. Jahren ein einziger Vulkan von 60 bis 80 km Durchmesser und 3.000m Höhe. Zähflüssige Lava erstarrte zu einer Landschaft von Basaltkegeln, die durch Erosion und die Gletscher der Eiszeit um mehr als 1000m abgetragen wurde.

An einer Berghütte am Col d`Eylac halten wir an und stärken uns mit regionalen Spezialitäten aus der Auvergne. Die Hüttenwirtin serviert uns dabei herzhaften Blauschimmelkäse und geräucherten Schinken aus eigener Herstellung. Zusammen mit dem groben Bauernbrot genießen wir dieses Mahl und dösen danach einfach in der Sonne die vom wolkenlosen stahlblauen Himmel scheint.

Doch heute steht noch der höchste Pass des Zentralmassivs, der Pas de Peyrol auf dem Programm. Über dem Passscheitel erhebt sich der Puy Mary mit seinen 1.787 Metern. Unter uns beleben Hunderte von Wildblumen, darunter der gelbe Enzian die prärieähnlichen Hochalmen. Ringsherum liegen in einem Radius von nur etwa 10 km die anderen Gipfel der Cantal-Berge, eine kahle, herb-schöne Gebirgslandschaft von beispielloser Friedlichkeit.

Über Riom-es-Motagnes, das wegen seiner Viehmärkte bekannt ist gelangen wir in das malerische und enge Gorges de la Rhue. Auf der ganzen Strecke begegnet uns kein einziges Auto. Am Talausgang wechseln sich dunkle Wälder mit dichten Alleen ab, die keinen einzigen Lichtstrahl durch ihr grünes Dach dringen lassen.

Bort-les-Orgues ist nicht nur wegen des Dordogne-Tales berühmt. Es sind vielmehr die Basaltorgeln auf der Nordostseite des Flusses, 350 m oberhalb des Ortes. Wie Orgelpfeifen aneinandergereiht liegen die Vulkannadeln auf fast 2 km Länge am Hang offen. Wir erkunden zu Fuß kleine Grotten und auf der Bergkuppe genießen wir vom Aussichtspunkt einen weiten Blick auf Bort, das sich am Dordogneufer entlang zieht, die Monts Dore, das Artense-Plateau und das Cantal.

Unten im Tal erkennen wir nach der Abfahrt einen Stausee, der, wie sich herausstellt, aus den Fluten der aufgestauten Dordogne entsteht und normalerweise 480 Mio.m² Wasser enthält. Bei seiner Umrundung wollen wir dem kleinen Wasserschloss Chateau de Val noch einen Besuch abstatten. Doch nach Wasserschloss sieht die Szenerie dann doch nicht aus. Bedingt durch den Niedrigstand der Dordogne liegt das Schloss nun auf einem Felsvorsprung.

Fast am Ende unserer Tour angekommen rollen wir im Licht der untergehenden Sonne in La Tour d`Auvergne ein, das knapp 1000m hoch auf einem Basaltplateau vor dem Kamm des Puy de Sancy liegt. Der kleine Ort war Sitz einer Familie, die berühmte Persönlichkeiten der französischen Geschichte hervorgebracht hat: zum Beispiel Henri de La Tour d`Auvergne, der „Große Turenne“, der die Armeen Ludwigs XIII. und Ludwigs XIV. zum Sieg führte. Doch fast nichts mehr erinnert an die einst so bedeutende Burg, von der aus die Grafen de La Tour seit dem 13. Jh. die ganze Region beherrschten.

Wir fahren deshalb ein paar Kilometer außerhalb und stellen an einem kleinen Parkplatz die Motorräder ab. Unser Blick schweift über das Plateau del`Artense, einer der einsamsten Gegenden der Auvergne. Wie treffend sind in diesem Zusammenhang die Worte des Apollinaris Sidonus, dem ehemaligen Bischof von Clermont, der einst über die Auvergne sagte: „Dieses Land ist so schön, dass die Fremden selbst den Namen ihrer Heimat vergessen“!

Reiseinfos:

Anreise:
Die schönste Anreise von Deutschland aus führt durch das Elsass und Lothringen. Ab Beaune gibt es dann schon echten Fahrspass, wenn man die Variante über Autun und Moulins wählt. Von der französischen Grenze aus sind es bis Clermont-Ferrant ca. 800 Kilometer.

Unterkunft:
Empfehlenswerte Standorte um die Auvergne zu erkunden sind die alten Heilbäder La Bourboule und Le Mont-Dore. Auskünfte vor Ort erhält man von den kommunalen Fremdenverkehrsbüros, Office de Tourisme oder Syndicat d`Initiative, die unter der gemeinsamen Abkürzung OTIS firmieren.

Klima:
Das Klima im Zentralmassiv ist meist wechselhaft. Die Sommer können recht heiß werden, mit Schauern ist dennoch immer zu rechnen. Der beste Monat für eine Tour in die Auvergne ist der September.

Karten/Literatur:
Fast allen wissenswerten Infos über Land und Leute gibt es im Reiseführer von Dumont "Auvergne & Cevennen" nachzulesen. Für 12 Euro inklusive einer Übersichtskarte ist er im Buchhandel zu bekommen. Als weitere Hilfe leistete die Michelinkarte Nummer 326 im Maßstab 1:150.000 treue Dienste.

   

  Parc de Volcans bei der Auffahrt zum Puy de Dome

  Blesle, eines der schönsten Dörfer Frankreichs

  Ein Megalith – Zeuge alter Kulturen

  Salersrinder bevölkern die Wiesen der Auvergne

  Viaduc de Garabit über dem Tal der Truyere

  Am Cateau de Val

  Staussee der Dordogne

  Allee im engen Gorges de la Rhue

  Merkur-Tempel am Puy de Dome
  Vulkansee Lac de Guery
   
    
     
     
     
   
 
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