Teil 5: Weitere 18 Tage in der Mongolei.

01. Juli 2016 - 89 Kilometer vor bis 151 Kilometer nach Altei am Fluss, 240 Kilometer
Heute waren wir nur auf Sandstraßen unterwegs, nur in der Stadt Altai hatten wir Asphalt unter den Rädern. In Altai haben wir getankt, den Geldautomaten geplündert, was uns erst nach fünf Versuchen und mit Hilfe von Ortsansässigen gelang, uns in einem "Jurten-McDonald’s" (Schnellimbiss) mit Fleischtaschen und gesalzenem Milchtee gestärkt und im Supermarkt unsere Vorräte aufgefrischt. Am Nachmittag ist es uns dann wieder gelungen, den heftigen Gewittern - die hier niedergehen - auszuweichen. Wir nennen es Gewitter-Surfing und haben es perfektioniert. Das Timing ist dabei ganz wichtig. Es geht darum Gewitterwolken und deren Bewegung richtig einzuschätzen, zum rechten Zeitpunkt eine Pause einzulegen oder zu fahren. Natürlich gehört auch eine Portion Glück dazu, aber was wirklich zählt, wir sind trocken geblieben.

Unseren Zeltplatz für die Nacht schlagen wir mitten im Nirgendwo an der Biegung eines Flusses auf. Lange bleiben wir nicht allein, drei mongolische Reiter statten uns einen Besuch ab und bleiben eine Weile. Spät abends kommen noch zwei Jugendliche mit ihren Pferden vorbei. Schade, dass wir nicht Mongolisch können und die beiden nur ein paar Brocken Englisch. Aber mit Händen und Füßen klappte die Kommunikation irgendwie doch ganz gut. Na ja, irgenwie sind wir ja Seelenverwandte. Wir auf Stahlrössern unterwegs .... Wer weiß, wie es in ein paar Jahren hier aussehen wird?

02. Juli 2016 - Bis zum Haldzan Pass, ca. 100 km vor Tsaganaan-uul
Uns war klar, dass es auf der anderen Seite des Flusses weitergeht und hatten schon befürchtet, diesen durchqueren zu müssen. Zum Glück stießen wir flussaufwärts auf eine Brücke, über die wir sicher auf die andere Seite kamen. Auch heute bewegten wir uns ausschließlich auf Sandwegen, mal bröselig, oft mit großen Löchern und fast immer viel Sand. Wehe dem, der hier keine guten Reifen aufgezogen hat. In Ulastai machten wir unseren Mittagsstopp und haben in einem Restaurant hervorragend gegessen. Gegen abend schlugen wir dann ungefähr 100 Kilomter vor Tsaganann-uul auf einer Wiese mit Bach drumrum unser Zelt auf. Kaum mit dem Aufbau fertig, tauchten zwei Mongolen mit chinesischen Motorrädern auf. Die beiden kamen von ihrer Jurte, nicht weit von hier. Wenig später gesellte sich noch ihr Sohn dazu, sein Moped war natürlich ein Pferd. Wir haben den Kultsong "You'll Never Walk Alone" daher etwas abgeändert in: "You'll Never Stay Alone"
.

03. Juli 2016 - Von 100 km vor Tsaganaan-uul nach Mörön, 240 Kilometer
Wieder sind wir auf Sandwegen und Wellblechpisten unterwegs, teilweise mit felsigem Untergrund. Ziemlich anspruchsvoll und man sollte immer voll konzentriert sein. Sollte, aber dann ist es doch passiert. Ich konnte einem großen Loch nicht mehr ausweichen und hatte einen Volldurchschlag des Hinterrads. Ergebnis: Der grobe Stollenreifen hat den Heckkabelbaum herausgerissen.
Aber die Landschaft entschädigt für alles und erfindet sich von Tal zu Tal immer wieder neu. Am Nachmittag genehmigen wir uns ein Bad im Fluss, sehr erfrischend und weckt die Lebensgeister. Wer da nicht wach wird, dem hilft nichts mehr.

In Mörön nehmen wir das Hotel Edelweiss - eine ziemliche Absteige. Bayrisch klingt nur der Name, tatsächlich ist es extrem schlicht und einfach. Am Morgen konnten wir unser elektronisches Zimmerschloss "Made in China" nicht mehr öffnen. Auch das noch. Zum Glück. konnte ein lokaler Handwerker nach einer halben Stunde das Problem mit sanfter Gewalt lösen.

04. Juli 2016 - Von Mörön zum Hövsgölsee, 140 Kilometer
Von Mörön zum Hövsgölsee bewegen wir unsere Motorräder auf einem Asphaltband, dabei hatten wir uns doch schon so an die Sandwege gewöhnt. Unterwegs trafen wir zuerst auf eine größere Motorradgruppe aus Australien und Neuseeland, die eine organisierte Rundreise machen und später einen Franzosen, der mit einem T3 Syncro Camper auf Tour ist und uns gleich zu einem Kaffee einlud. Abends, wir waren schon am See, kamen noch Sylvia, Peter und Dani - drei Schweizer auf Fahrrädern unterwegs - zu uns ans Lagerfeuer.

05./06./07. Juli 2016 - Am Hövsgölsee
Der Hövsgölsee (Chöwsgöl Nuur) ist einer der saubersten Seen weltweit und hat sich vor mehreren Millionen Jahren durch die Verschiebung der Erdkruste gebildet. Er ist nach dem Uws Nuur der zweitgrößte See der Mongolei hat aber das größte Volumen. Wegen seiner Wasserqualität ist er nicht nur ein touristisches Ziel, sondern auch ein wichtiges Trinkwasser-Reservoir. Zum Baden eher für Hartgesottene, denn er liegt auf über 1600 m Höhe. Für uns der ideale Ort, um ein paar Tage auszuspannen und zu regenerieren. Zum Abendessen gab es schmackhafte Räucherfische aus dem See mit Fritten.

Die Zeit nutzen wir auch, um unsere Motorräder zu warten. An Helles Motorrad hatte sich eine Befestigungsschraube am Gepäckträger verabschiedet und wird durch eine Schlauchschellen ersetzt. An meiner Maschine gibt es etwas mehr zu tun, schließlich muss ich ja den Heckkabelbaum reparieren. Aus Kabelresten, die ich hier auflese und eigenen Ersatzteilen bastele ich mir einen neuen. Bei beiden Maschinen wird noch je 0,2 Liter Motorenöle nachgefüllt, das war's dann auch schon.

Zur Mittagszeit haben wir uns zusammen mit den Schweizern in einem Taxi zum 25 Kilometer entfernten Reindeerer Festival karren lassen. Unser Eindruck: Das Festival ist schon sehr stark auf Tourismus abgestimmt. Lange sind wir nicht geblieben, schließlich haben wir Peter versprochen, uns an seinem Fahrrad das Pedallager anzusehen, welches Probleme bereitet. Wir konnten das Problem lösen, haben das Kugellager durch ein Alugleitlager ersetzt, damit Peder wieder voll in die Pedale treten kann.

Zum Abendessen gab es eine deftige Schlachtplatte. Hier wird das Schaffleisch mit heißen Steinen gegart (Foto unten) und mit Kartoffeln serviert. Hungrig blieb danach niemand von uns. Später wurden wir noch Zeuge einer abendteuerlichen Motorenreparatur. Ein Toyota Landcruiser Fahrer aus Irkutsk war bei einer Flussdurchfahrt wohl etwas zu mutig und hat sich einen Wasserschlag eingefangen. Zwei Zylinder wurden stark beschädigt. Für die mongolischen Mechaniker schien das kein Problem zu sein. Sie bauten die Pleuel aus, schnitten sie mit der Flex ein, klopften die Pleuel gerade und verschweißten den Schlitz. Alles wieder zusammenbauen und fertig. Reparaturbeginn 16.00 Uhr, Reparaturende 24.00 Uhr. Zu unserem Erstaunen, die Karre lief wieder und eine
Testfahrt am nächsten Tag von rund 250 Kilometern verlief ohne Probleme.

Während die Schweizer wieder los radeln bleiben wir noch einen Tag, machen Wäsche und besuchen Vikram und Tony. Die beiden haben sich zusammen mit 10 anderen Motorradfahrern auf dem Campinglatz "Nature Door" niedergelassen, gleich neben dem Reindeerer Festival. Jeder aus der Truppe hat viel erlebt und könnte stundenlang Geschichten erzählen. Mit John, einem Australier, habe ich mich länger, sehr angeregt unterhalten. John lebte 15 Jahre in Chile, hatte dort ein Bergbauausrüstungsgeschäft, das er vor vier Jahren verkaufte. Seitdem ist er mit seiner Frau Gaby auf einer BMW R1200GS auf Weltreise. 170.000 Kilometer haben sie schon abgespult und scheinbar noch immer nicht genug.

Tony, Vikram, Dave aus Australien, Helle und ich wollen morgen früh gemeinsam nach Ulan Bator fahren und buchen schon mal per Telefon im Oasis ein Ger (Jute). Nachdem die Unterkunft gesichert ist, haben wir den Kopf frei und können abends angemessen feiern, sitzen mit den Russen und Jambaliav Erdenebileg - angeblich ein mongolischer Judo Weltmeister - am Lagerfeuer und trinken Dschingis Wodka. Wie der Zufall so spielt, ist Jambaliav nicht nur Judo Champion, sondern auch Schamane und besteht gegen Mitternacht darauf meinen Fuß mit einer speziellen Heilzeremonie zu behandeln. Das war schon sehr eindrucksvoll. Doch 10 Minuten nach der Zeremonie schickt er uns ins Bett, obwohl die Flasche Wodka noch nicht ganz leer ist und Jambaliav schon sehr angetrunken wirkt. Auf die heilende Wirkung der Behandlung warte ich immer noch.

image
image
image
image
image
image

08. Juli 2016 - Vom Hövsgöl See nach Rashand, 234 Kilometer
Die drei Freunde haben sich gewaltig verspätet und tauchten erst gegen 11 Uhr auf. Unser ursprünglich angedachtes Tagesziel werden wir wohl nicht erreichen, egal. Auf dem ersten Teil unserer Route fuhren wir noch auf einer Teerstraße, die dann in eine enduromäßig kernige Piste überging. In Rashand suchten wir uns dann ein Hotel mit Dusche. Bekamen wir auch, nur die Dusche war nicht im Hotel direkt, sondern im lokalen Friseursalon, 150 Meter weit weg. So ist das nun mal auf dem Land und wir machten das Beste daraus und haben uns im Salon gleich Haare und Bart schneiden lassen. Dawar Dortsch, ein ansässiger Busunternehmer, der Deutsch sprach, hat uns das Hotel empfohlen, das seinem Bruder gehört. Alles klar, oder?

09. Juli 2016 - Von Rashand zu den Tsetserleg Hot Springs, 290 Kilometer
Auf verhältnismäßig schnellen Pisten fuhren wir durch sehr schöne Täler. Unterwegs trafen wir Dima aus Moskau, der Probleme mit seiner Kette an der KTM Adventure hatte und mit uns weiterfuhr. Wenig später Meet & Greet mit zwei Hamburgern, die uns mit ihren BMW's entgegen kamen. In einem australischen Gästehaus in
Tsetserleg aßen wir zu Abend und fuhren dann weiter zu den Hot Springs, um dort zu übernachten, aber das Hinkommen war gar nicht so einfach. Wir mussten bei Regen über extrem rutschige Wiesen- und Erdwege fahren. Zum Glück noch bei Tageslicht. Gegen 21.00 Uhr erreichten wir die Hot Springs und kamen in einem preiswerten Gercamp unter.

Vikram half Dima die Radlager der KTM zu ersetzen. Unseren Tipp, die Radnabe mit dem Benzinkocher anzuwärmen fanden sie zuerst gar nicht gut, nachdem aber all ihre Bemühungen nichts brachten, haben sie es dann doch versucht und waren erfolgreich. Eingebaut wurde dann ein chinesisches Waschmaschinenlager. Man muss sich nur zu helfen wissen.

10. Juli 2016 - Von den Hot Springs bis 243 Kilometer vor Ulan Bator, 260 Kilometer
Die heutige Etappe war ähnlich schön wie am Vortag. Wir fuhren durch bildschöne Täler, die Piste war feucht und erdig. Für zusätzliche Abwechslung und etwas Nervenkitzel sorgten zwei Flussquerungen. Helle und ich blieben trocken, alle anderen hatten nasse Stiefel und Füße. Lags an den Stiefeln oder an der Fahrtechnik? Weiter ging es über Teerstraßen Richtung Ulan Bator. Auf einem Bergrücken fanden wir einen traumhaft schönen Platz zum Übernachten. Nur Dima wollte keinen Stopp einlegen und fuhr alleine weiter.

11. Juli 2016 - Weiter nach Ulan Bator, 243 Kilometer
Auf der Weiterfahrt nach Ulan Bator hatten wir unerhört viel Gegenverkehr. Klar doch, alle fahren zum Nadaam Fest, dem großen Nationalfest der Mongolei. Als wir im Oasis ankommen, ist natürlich Dima mit seiner KTM und der kaputten Kette schon da. Alle zusammen sind wir dann zum, von Vikram empfohlenen, Inder gegangen und hatten ein sehr gutes Essen auf europäischem Niveau, auch preislich gesehen.

12./13. Juli 2016 - Ulan Bator
Ausruhen, Dimas Geburtstag feiern und Planänderung. Als nächstes Abenteuer werden wir noch einen Ausflug in die Wüste Gobi machen, dann wieder zurück nach Ulan Bator, einen Reifen- und Ölwechsel durchziehen und uns dann auf den Weg zum Baikalsee machen. Die ursprünglich geplante Runde über die Ostmongolei streichen wir.

14. Juli 2016 - Von Ulan Bator nach Dalandzadgad, 624 Kilomter
Wir verabschieden uns von unseren sporadischen Reisepartnern und machen uns auf den Weg Richtung Gobi. Nachdem wir die ersten 100 Kilometer zurückgelegt haben beginnt es stückchenweise zu regnen und diesmal lässt uns unser Gewitterwolkensurferglück sprichwörtlich im Regen stehen. Außerdem ist es für die Jahreszeit mit 18°C bis 20°C einfach zu kalt.

15. Juli 2016 - Von Dalandzadgad nach Hongorin, 245 Kilomter
Am Vormittag fahren wir durch eine kleine Berglandschaft auf sehr schönen Endurowegen. Am Nachmittag "surfen" wir mitten in der Wüste zuerst über grüne Wiesen (ein Naturphänomen, weil es geregnet hat, das ebenso schnell wieder verschwindet), dann durch ein sandiges, sehr forderndes Bachbett zu den höchsten Dünen der Gobi. Die hier 150 m hoch in den Himmel wachsen.

Und wie es das Schicksal so will, "You'll Never Drive Alone". Um die Mittagszeit treffen wir auf eine Gruppe vietnamesischer Endurofahrer, die organisiert und mit Begleitfahrzeug unterwegs sind. Ihr Reiseleiter ist ein Mongole mit sieben Jahren Vietnamerfahrung. Immer wieder treffen wir während der Fahrt aufeinander und es kommt, wie es kommen muss, mir verabredeten uns zum gemeinsamen Camping am Fuß der höchsten Düne der Gobi. Zum Abendessen machen wir uns Kartoffeln mit Zwiebeln und Speck, dazu trinken wir einen guten Rotwein, danach kippen wir noch ein paar Bierchen mit den Vietnamesen.

©  ADVENTURE-magazin.de. All Rights Reserved. Impressum