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In den Bergen
   
Albanien

Im Land der Skipetaren
   
Mit Eddy Hau in den Bergen Albaniens unterwegs


Müde und kaputt nach der elend langen Anreise rollen wir um 22.00 Uhr in Skodra / Albanien ein. Das Kolpinghaus hat Gott sei Dank noch offen, so dass wir die Fuhre im Hinterhof sicher parken können. Nach einem kargen Frühstück geht's am nächsten Morgen gleich in die Albanischen Alpen. Alle sind wir gespannt, was das Hinterland zu bieten hat. Da wir mit leichten Enduros unterwegs sind, freuen wir uns schon auf die zu erwartenden Herausforderungen.


Steinbrücke


Die Landschaft ist sagenhaft vielfältig, die Menschen ausgesprochen nett, die Wegführung oft abenteuerlich. So wird die erste Tour in die Albanischen Alpen zum echten Highlight. Die Beschilderung fehlt gänzlich, so dass wir uns ein paar Mal verfransen und kreuz und quer durch die Flussbetten ackern, bevor wir den Weg aus diesem Felsenlabyrinth heraus finden.

Von Hitze und Anstrengung völlig ausgedörrt kommen wir in Skodra an und müssen an der ersten Taverne, alsgleich den Durst löschen. Sofort sind wir Gesprächsmittelpunkt. Die Motorradler fallen einfach auf in ihrer martialischen Aufmachung, denn hier fährt ein jeder "in Zivil" und generell ohne Helm. Vor allem muss der Helmut in seinem leuchtend bunten Crosser-Gewand den Einheimischen wie ein Marsmensch vorkommen.

Auch der zweite Tag ist wieder ein Volltreffer. Kaum hat man sich aus der Tiefebene auf übler Piste zum Pass hochgeschraubt tut sich ein Loch in der Landschaft auf, dass einem der Atem stockt. In dieses tiefe Tal geht's dann Kurve um Kurve abwärts - in Nullkommanix hat man sämtliche Höhenmeter wieder vernichtet. Zwischen steilen Wandfluchten führt die Piste anschließend wieder auf 1.500 Meter hinauf bis an die montenegrinische Grenze.

Komansee

Um in den Osten zu gelangen, haben wir eine Strecke ausgewählt, die einen fjordartigen Gebirgssee beinhaltet. Über eine total vergammelte Asphaltpiste düsend, schaffen wir es gerade noch rechtzeitig an der Fähre zu sein. Zu unserem Schrecken erfahren wir, dass die große Fähre außer Dienst ist. Stattdessen ist eine kleine Personenfähre angesagt, die aus einem Bootsrumpf und einem darauf geschweißten Busoberteil besteht. Über eine wackelige Planke werden die Mopeds aufs Schiff bugsiert. Jeder packt mit an. Wir sind natürlich ob dieser unkonventionellen Transportmöglichkeit begeistert! Die anschließenden drei Stunden auf diesem wunderschönen Stausee sind ein besonderes Erlebnis. Zwischendurch wird immer wieder in totaler Wildnis die Uferböschung angefahren, um Leute, die in der Einöde wohnen, mit ihrer Habe abzuladen.

Kochstelle

Am nächsten Morgen zieht es uns auf die einsamen Bergpisten. So biegen wir auf eine panoramamäßige Piste ab. Bissige Hütehunde sind das geringste Übel. Viel mehr Sorge bereitet uns das herannahende Gewitter, denn wir müssen über einen schroffen Gebirgspass, um in den ­Lura-Nationalpark zu gelangen. Der anstrengende Ritt macht hungrig. Die gegrillten Forellen schmecken köstlich und werden mit gutem albanischen Bier hinuntergespült. Der hohe Pass liegt noch vor uns. Die Piste ist teilweise stark ausgewaschen, mit riesigen Klunkern und kleinen Stufen garniert. Die Mopeds springen zum Gotterbarmen, aber irgendwann sind wir oben. Wow! Die Aussicht ist atemberaubend. Gerade rechtzeitig schaffen wir die steile Abfahrt und finden im ersten Dorf im Nationalpark, ein nettes Hotel, bevor das Unwetter über das Land hereinbricht.

An der Fähre

Wenn wir gemeint haben, dass die Auffahrt zum Nationalpark eine brachiale Anforderung war, so wurden wir am folgenden Tag eines Besseren belehrt. Steil war gestern. Heute ist purer Kampf. Zwei Stürze gehen glimpflich ab. Völlig abgekämpft, verschwitzt und verdreckt erreichen wir den südlichen Ausgang des Parks. Aber das Erlebte und Gesehene übertrifft alles Vorherige. Solch unglaubliche Landschaft, diese Einsamkeit, die herausfordernden Pisten findet man wohl in keinem anderen Land Europas mehr.



Spät nachmittags erreichen wir ein Minenstädtchen und machen uns auf die Suche nach einem Quartier. Das einzige "Hotel" kann eigentlich eher als "Zimmervermietung" bezeichnet werden, und ist zudem völlig überteuert. Klar: Hier gibt's keine Konkurrenz. In der Früh begeben wir uns wieder auf den Weg. Der Asphalt wird schnell schlechter und geht bald endgültig in Schotter über. Endlos kurvt die Piste hoch oben am Hang entlang. Der Blick gleitet über tiefe Täler und schroffe Bergrücken. Mitunter ist weit unten ein Einödhof zu entdecken. Ab und zu kreuzen kleine Ziegen- oder Schafherden unseren Weg. In einem Dorf stehen nur ein paar Häuserruinen und ein kleines Militärlager, daneben ein improvisiertes Café. Ab und zu muss man einfach ein Päuslein einlegen, und so lenken wir die Stoppelhopser neben die Wirtschaft. In solch einer Einsamkeit sind die Leute offensichtlich froh um jede Abwechselung. Die Frage nach unserem Woher und Wohin und das Begutachten der Motorräder gehört dazu. Wahrscheinlich sind wir das Gesprächsthema für den Rest des Tages. Auf die häufige Frage, wie uns Albanien gefalle, können wir das Land immer nur in höchsten Tönen loben.



Im großen Bogen nähern wir uns der Hauptstadt Tirana, biegen vorher aber links ab und peilen eine Piste übers Gebirge nach Süden an. Die lt. Karte weiterführende Piste entpuppt sich als Eselspfad. Wir schlittern mit blockierenden Hinterradln den ultrasteilen Pfad zum Fluss hinunter, müssen aber unten die Segel streichen. Nun gilt es, retour das Dorf zu erreichen. Der Eddy düst locker die Rampen hoch, wir aber kämpfen uns auf den bockenden Enduros mühsam über die losen Gesteinsplatten nach oben.



Frisch gestärkt im örtlichen Café machen wir uns erneut auf die Suche nach dem Weg. Auch der nächste Versuch scheitert. Schließlich nehmen wir eine völlig andere Strecke unter die Stollen, und tatsächlich finden wir eine Piste, die über den Gebirgskamm nach Süden, führt. In finsterer Nacht rollen wir in Elbasan ein, müde, aber glücklich, und um allerhand Erfahrungen reicher.



Am nächsten Tag geht's in der Früh gleich wieder in die Berge. Wir haben auf der Karte eine Piste über einen Pass gefunden, die wir unter die Stollen nehmen wollen. Heut' tun wir uns schwer mit der Route. Wie üblich fehlen die Wegweiser, wir verpassen Abzweige, können uns aber durchfragen. Immer wieder müssen wir feststellen, dass die Straßenkarte mangelhaft ist – eingezeichnete Orte sind völlig unbekannt, Wegerl entpuppen sich als Eselspfad, oder als nicht existent. Dafür finden wir Wege, die auf der Karte nicht eingezeichnet sind. Einer führt halsbrecherisch einen Steilhang hinunter, dann aber nicht mehr weiter in die angepeilte Richtung. Ein Ausweg findet sich immer mit Hilfe der Einheimischen und der Karte. Das Problem ist nur, dass die Karte die Leute so fasziniert, dass sie uns völlig vergessen. Sie suchen mit Begeisterung die Karte nach ihnen bekannte Ortschaften ab, und müssen das Gefundene auch sofort den Umstehenden zeigen.



In einem kleinen Weiler ist ein Kaffee fällig, um die Konzentration wieder aufzumöbeln. Indessen düst ein junger Bursche auf seiner Mofa heran mit einem schweren Gepäckstück – wahrscheinlich Getränkenachschub für das Café. Uns wiederum fasziniert seine Mofa, eine 50 ccm Yamaha mit Kardan! Stolz führt er uns ein Burn-out vor und lässt lässig das Gerät auf der engen Gasse kreiseln. Applaus von allen Seiten! Es wird viel gelacht, und bei fast jedem fehlen einige Zähne - je älter um so mehr. Ein zahnloser Alter schüttelt meine Hand und deutet auf meinen Mund. Als er sieht, dass ich noch alle Beißer habe, ist er fürbass erstaunt.



Den angepeilten Gebirgspass haben wir leider nicht gefunden, jedoch übertrifft die eingeschlagene Piste alle Erwartungen. Fast 50 Kilometer geht's durch eine wilde, schroffe Schlucht, mal fünfzig Meter über dem reißenden Fluss, mal hoch oben am Hang. Stellenweise fährt man unter überhängenden Felswänden durch, unter denen herausgebrochene Gesteinsbrocken in der Größe eines Kabinenkoffers liegen. Da kann einem schon mulmig werden ... Schließlich weitet sich das Tal. Wir treffen auf die Verbindungsstraße nach Pogradec am Ohridsee und biegen ab. Im Hotel Royal finden wir eine Bleibe direkt an der Seepromenade.

In den Bergen

Der südlichste Punkt ist erreicht, der Urlaub neigt sich dem Ende zu. Ein Stück weit folgen wir dem Seeufer, dort biegt wieder eine Schotterpiste ab. Wir halten an einem gut besuchten Restaurant. Der Wirt begrüßt und in breitestem Schwäbisch. Auf unsere Frage, ob er beim Daimler "geschafft" habe, stellt sich heraus, dass er wohl "Türsteher" im Nachtklub war. Bei seiner massigen Statur durchaus glaubwürdig. Er vermietet Zimmer und Ferienwohnungen und bietet gleich an, uns auf die Bergtrails zu begleiten. Nächstes Mal bestimmt. Ab hier wird's wieder richtig ländlich. Zwischen kleinen Bauernsiedlungen düsen wir in ein schönes Tal. Eines der Hühner hält sich leider nicht an die Straßenverkehrsregeln, wechselt unvermittelt die Spur, mir vors Rad - und haucht sein Leben aus. Man sollte vorausschauend und vorsichtig fahren, denn mitunter kreuzen tiefe Gräben die Piste und sind nur rechts und links mit einem Brückenstein belegt. Schließlich kommt noch eine tiefe Flussdurchfahrt, danach geht's steil aus dem Tal heraus.



Der letzte Tag führt auf der alten Verbindungsstraße zum Kosovo wieder zurück nach Skodra. Die kurvenreiche Strecke ist eine Schau! Obgleich asphaltiert, ist es ein fahrerischer und optischer Genuss. Zwischendrin schüttet es aus Kübeln, in einem Ort verschwindet die Straße fast knietief unter einer braunen Brühe. Zur Küste hin wird's aber wieder trocken und warm. Nun hat sich der Kreis geschlossen. Beim Kolpinghaus werden die Enduros auf den Hänger verzurrt, ein letzter Spaziergang durch Skodra, die letzte Nacht in Albanien. Am nächsten Tag steht wieder die lange Heimfahrt an. Müde, aber glücklich, und um viele Erfahrungen reicher, treffen wir wieder in München ein.

Text: Hans von Fintel
Fotos:  Helmut Fiederer, Eddy Hau
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Karte:


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Eddy Hau
Eddy Hau -
einer der Großen im deutschen Endurosport

Wurde 1974 Werksfahrer bei Hercules und holte sofort den zweiten Platz in der 125 ccm Klasse in der deutschen Geländemeisterschaft. 1975 und 1976 wurde er Deutscher Geländemeister, Gelände-Vizeeuropameister und Weltmeister mit der deutschen Geländemannschaft. Erhielt 1977 von Bundespräsident Walter Scheel das Silberne Lorbeerblatt, die höchste Auszeichnung für einen Sportler in der Bundesrepublik. 1979: "Meister aller Klassen", ein Wettkampf aller deutschen Meister aus dem Straßen-, Bahn-, Trial-, Moto-Cross- und Geländesport. 1982: Motorsportler des Jahres. Ab 1984 im BMW Werksteam. Erfolge: Zweiter Platz in Spanien bei der Baja Montes Blancos, ebenso bei der Pharao Rallye in Ägypten und Klassensieg bei der Baja California. 1985: Klassensieger bei der Baja 1000 und zweiter im Gesamtklassement. Bei seinem ersten Paris-Dakar-Start musste er leider ausscheiden. Bei einem Sturz brach er sich das rechte Handgelenk. 1986 holte er den achten Platz in der Gesamtwertung der Rallye-Paris-Dakar. 1988 den ersten Platz in der Marathonwertung. Seit 1986 führt Eddy Hau Motorradtouren, Abenteuerreisen, Alpenfahrten und Expeditionsreisen durch.

Eddy


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


   


 

 

 

   
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